Schluß mit Unruhe in Gedärm und Seele

■ Etwa hundert MakrobiotInnen in Bremen essen Algen und Getreide - und bleiben harmonisch

„Ich hatte Kehlkopfkrebs, und wurde operiert. Gleichzeitig fing ich mit Makrobiotik an. Seitdem bin ich gesund“, sagt Renate. Eine von etwa 100 Menschen in Bremen, die sich der Makrobiotik zugewandt haben. Studien in Amerika haben immer wieder festgestellt, daß die makrobiotische Ernährungsweise den Heilungsverlauf bei Krebs verbessert. Inzwischen interessiert sich sogar die Regierung dafür. Denn ein kalifornischer Arzt unterstützt den Heilprozeß seiner herzkranken Patienten mit makrobiotischer Ernährung. Er weist nicht nur hervorragende Ergebnisse auf, sondern reduziert auch die Behandlungskosten um ein Drittel. Das ist für die Sparpolitik Clintons nicht uninteressant.

Schätzungen ergeben, daß sich zwischen 12.000 und 20.000 Menschen in der Bundesrepublik makrobiotisch ernähren. Diese Menschen verzichten ganz auf Fleisch, Milchprodukte aller Art, Zucker und industriell gefertigte Nahrung. Gegessen werden Algen, Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Fisch und Meerestiere in kleinen Mengen. „Für mich war das total exotisch, als ich das bei Bekannten kennenlernte“, lacht Eva. Doch sie ist nun seit vier Jahren dabei, weil es ihr einfach „besser“ geht. „Früher war ich ein hektischer Typ, heute bin ich wesentlich ausgeglichener.“

Das ist die philosophische Seite der Makrobiotik: „Das Essen ist im Grunde die Eintrittskarte in ein harmonisches Leben“, sagt Frauke Anderson, die in Bremen Kochkurse für Makrobiotik anbietet. Das Fernziel der Makrobiotik ist der „Weltfreiden“, der durch eine innere friedliche Veränderung des Einzelnen erreicht werden kann. „Friedlich bezieht sich nicht in erster Linie auf Politik. Vereinfacht geht es darum, nach dem Essen nicht eine grummelnde Unruhe im Bauch oder im Kopf zu verspüren“, faßt Schubring die Ideologie zusammen. Denn alles was man ißt, unterliege bestimmten energetischen Umwandlungen, erläutert Schubring, und diese gingen im Körper weiter. Rein praktisch kann sich das entweder ganz simpel in Blähungen ausdrücken, oder etwas versteckter wie zum Beispiel in Schlappheit, Krankheit oder Deformierungen. Überliefert wird die Geschichte eines Mannes, der an einer Art Muskelschwund litt. Die Muskeln an Händen und Beinen waren immer dünner geworden. Die Ärzte hatten ihm geraten unter anderem mehr Geflügel zu essen. Der Mann hatte sich in ein Huhn verwandelt, schreibt einer der Gründer der Makrobiotik, Michio Kushi. Seine Frau hatte ihm jahrelang täglich Hühnerfleisch und Eier vorgesetzt.

„80 Prozent haben diesen Weg aus Krankheitsgründen eingeschlagen“, sagt Klaus Schubring, Direktor des makrobiotischen Kushi-Zentrums in Hamburg. Die meisten Menschen erlebten zum Beispiel das Weglassen von Milchprodukten als wohltuend. Inzwischen sei nachweisbar, daß Milch einen schädlichen Einfluß auf das menschliche Drüsensystem habe. In Ländern mit hohem Milchverbrauch erkranken mehr Menschen an Drüsen- , Lymph-, Brustkrebs. Daß der Verzehr von Zucker nicht gesundheitsfördernd ist, das sei ja allgemein bekannt, meint Schubring. In amerikanischen Gefägnissen habe man zu Studienzwecken Zucker vom Speiseplan gestrichen: „Die Aggressivität ging enorm zurück.“ Vivianne Schnurbusch