Eine kommunikative Autofahrt Von Klaudia Brunst

„Ist es nicht erstaunlich“, sinnierte meine Freundin neulich, als wir von Ikea nach Hause fuhren, „jetzt sind wir schon seit fast sechs Jahren zusammen, und haben uns immer noch was zu erzählen.“ „Hä?“ meinte ich wenig elegant, denn gerade versuchte mal wieder so ein blöder BMW, sich in meinen sorgsam eingehaltenen Sicherheitsabstand hineinzudrängen, da drehte sich meine Freundin abrupt um und rief: „Na so was!“ Vor Schreck trat ich sofort auf die Bremse, so daß sich der BMW, den ich sonst sicher perfekt ausgekontert hätte, tatsächlich in meine Spur einfädeln konnte. „Reg dich nicht auf“, meinte meine Freundin, „ich habe da eben nur einen ganz bekannten Schauspieler auf der Straße gesehen.“ „So'n Scheiß“, murrte ich wenig kommunikativ, denn der BMW-Fahrer parkte nun auch noch in meiner Spur, um sich mit viel Emphase von seiner Freundin zu verabschieden, „wer war's denn?“ Natürlich wußte sie's nicht. Meine Freundin weiß so was nämlich nie. Was mich immer total wahnsinnig macht. Man kann doch nicht erst sagen, man habe da eine international wichtige Persönlichkeit auf der Straße gesehen, und dann nicht wissen, wie sie heißt, oder?

„Ich glaube, sooo wichtig ist der nun auch wieder nicht“, übte sie sich sofort in Beschwichtigung, „so'n Serienkasper eben“. Das machte mich nun erst recht fuchsig. Schließlich beschäftige ich mich tagein, tagaus mit Serienkaspern. „Deine Freundin ist nämlich Fernsehredakteurin, falls du das vergessen haben solltest“, rüffelte ich in Richtung Beifahrersitz, während ich meinen Unmut über den BMW lässig an meiner Hupe auslies. „Sag mir eine Serie, in der er mitgespielt hat“, stöhnte ich, „und ich sage dir, wen du gesehen hast.“ Aber das konnte sie natürlich auch nicht. Mittelgroß sei er gewesen, eher gedrungen und „so ein Jeanstyp“. „Haarfarbe, Frisur, Alter?“ hakte ich nach. „Dunkel, kurz, zirka 35.“ Heiner Lauterbach sei es aber nicht gewesen. Mehr so ein Schurke. „Wenn du ihn gesehen hättest, wüßtest du es bestimmt“, tröstete sie mich. „Natürlich hätte ich ihn sofort erkannt“, meinte ich siegessicher. Die Angelegenheit hatte mittlerweile meinen professionellen Ehrgeiz geweckt. „Eher öffentlich-rechtlich oder privat? „Weiß ich nicht“, meinte meine Freundin zerknirscht. „Ich glaube, der spielt oft bei Derrick mit. Aber Harry Klein ist es nicht. Mehr so ein Prolo, so wie Peter Strom.“ Aber der sei es mit Sicherheit auch nicht gewesen. Der BMW bequemte sich endlich, seine Fahrt wiederaufzunehmen. „Das haben wir bald“, meinte ich zuversichtlich und nahm lässig den Unterarm von der Hupe. „Hat er Geheimratsecken?“ „Nee, das nicht. Aber Akne!“ triumphierte sie. „Der Mann muß in seiner Jugend Akne gehabt haben.“

Jetzt war alles nur noch ein Kinderspiel. Mann für Mann gingen wir alle deutschsprachigen Schauspieler mit Hautproblemen durch, bis mir das entscheidende Licht aufging. „Er lispelt“, sagte ich meiner Freundin auf den Kopf zu. „Er lispelt und spielt immer so Ruhrpottschurken.“ „Ja!!“ rief meine Freundin begeistert. „Und er hat in „Rote Erde“ mitgespielt“ („Ja?“) und leichte O-Beine.“ „Genau!“ klatschte meine Freundin in die Hände, „und wie heißt der nun?“

„Fällt mir gerade nicht ein“, murmelte ich kleinlaut. „Irgendso ein Serienkasper eben.“