Wrocklage soll's wuppen

■ Finanz-Staatsrat zum Aufräumen in die Innenbehörde abkommandiert / Voscherau versetzt Reimers und verteidigt sich selbst Von Uli Exner

Der Senatschef lobte seinen Vorschlag in höchsten Tönen: „Integrität“, „Gradlinigkeit“, „Unbestechlichkeit“, „kein Parteipolitiker“, dies alles spreche für Hartmuth Wrocklage als neuen Innensenator.

Der 55jährige Jurist, derzeit noch Staatsrat in der Finanzbehörde, soll am kommenden Mittwoch in der Bürgerschaft zum Nachfolger des entnervt zurückgetretenen Werner Hackmann gewählt werden. Oder auch – abkommandiert werden zum Großreinemachen. Um, so Voscherau gestern vor der Presse, die Vorwürfe gegen die Hamburger Polizei und deren Führung „makellos aufzuklären“ und zwar „schnell, aber nicht hastig“.

Auch in Voscheraus Interesse. Inzwischen sieht sich nämlich der Senatschef selbst heftiger Kritik ausgesetzt. Statt Partei, Polizeigewerkschaft und GAL, aber auch einige SPD-Politiker machen inzwischen kaum noch einen Hehl aus ihrer Auffassung, daß die von Voscherau veranlaßte Suspendierung von 27 Polizeibeamten eine „überzogene Panik-Reaktion“ gewesen sei. Grund: Nur gegen vier der Beamten des Einsatzzugs Mitte liegen konkrete Beschuldigungen vor.

Weshalb Voscherau sich gestern dazu gezwungen sah, die Suspendierungen noch einmal zu rechtfertigen. Politisch, als wegen der Schwere der Vorwürfe einzig mögliche Reaktion zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Polizei. Und juristisch: Die Suspendierungen seien nicht nach Disziplinarrecht ausgesprochen worden, sondern nach Beamtenrecht. Dies erlaube eine zeitlich befristete Suspendierung, auch ohne daß konkrete Beschuldigungen vorlägen.

Seinem neuen Innensenator stellt sich durch die vorläufigen Suspendierungen dennoch ein weiteres Problem. Er soll nicht nur fremdenfeindlichen Tendenzen bei Mitarbeitern der Polizei und der Ausländerbehörde erfolgreich entgegentreten, die Führungs- und Ausbildungsstrukturen der Polizei runderneuern, die von Hackmann angeprangerte „falsch verstandene Kameraderie“ aufbrechen. Wrocklage muß jetzt auch das, wie es die Gewerkschaft der Polizei formuliert, „Vertrauen der Polizeibeamten/innen in die politische Führung wiederherstellen“. Aufgaben genug – nicht nur für den neuen Senator, der gestern wohl zum vorläufig letzten Mal die guten Wünsche aller Parteien entgegennehmen durfte: „Viel Glück für das derzeit schwerste Senatorenamt.“

Mit Wrocklages Nominierung verband Voscherau auch ein kräftiges Stühlerücken unter den Hamburger Staatsräten, in der zweiten Senatsreihe sozusagen: Innen-Staatsrat und Ex-Polizeipräsident Dirk Reimers, zuletzt mit Wrocklage-Vorgänger Hackmann arg über Kreuz, wird ins Finanzressort versetzt. Wirtschafts-Staatsrat Wolfgang Prill wechselt in die Innenbehörde und verhilft so Hafenchef Heinz Giszas, künftig Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde, zur Beförderung.