Pflegegeld soll erhalten bleiben

■ Mehraufwand für hilfebedürftiges Leben bleibt anerkannt

In den bisherigen Verhandlungen über den Haushalt 1995 ist eine Kürzung des Sozialetats um 10 Millionen Mark vorgesehen: Ausgerechnet durch Einsparung bei Behinderten, denn das einkommensunabhängige Landespflegegeld soll angetastet werden. Morgen wird die Bremische Bürgerschaft darüber debattieren, ob dies die Folge des Pflegeversicherungsgesetzes sein soll. Heute beraten noch die Fraktionen der Ampel-Koalition.

Aus dem solidarischem Gedanken, Blinden und Schwerstbehinderten wenigstens einen finanziellen Nachteilsausgleich zu gewähren, entstand das Landespflegegeldgesetz 1972. Behinderte haben einen erheblichen Mehraufwand in der allgemeinen Lebensführung und in der Freizeit. Ob das nun blindengerechte Haushaltsgeräte, die Haushaltshilfe zum Fensterputzen oder höherer Mieten für geräumigere Wohnungen sind - auch die monatlichen 750 DM einkomensunabhängig gezahltes Landespflegegeld reichen dazu kaum hin.

Horst Frehe vom Verein Selbstbestimmt Leben und Doris Galda von der LandesarbeitsGemeinschaft Hilfe für Behinderte fordern deswegen eine Erhöhung des Geldes auf 800 Mark im Monat. Außerdem plädieren sie für eine Ausweitung des EmpfängerInnenkreises auf Gehörlose, Sehgeschädigte und HeimbewohnerInnen, die nach dem bisherigen Gesetz keine Gelder erhalten, obwohl auch sie behinderungsbedingten Mehraufwand haben.

Unterstützt werden diese Forderungen von der Grünen Karoline Linnert: Der erweiterte EmpfängerInnenkreis und die erhöhten Leistungen sollten durch die Sozialhilfe-Einsparungen dank der Pflegeversicherung finanziert werden. Bisher mußten die Pflegebedürftigen meist zum Sozialamt gehen, wenn sie aus eigener Tasche nicht die hohen Kosten bezahlen konnten. Die Pflegeversicherung entlastet also die Sozialhilfe-Etats der Kommunen ganz erheblich.

Die Sozialpolitikerinnen von SPD und FDP, Elke Steinhöfel und Annegret Pautzke, konnten für ihre Fraktionen zumindest Zustimmung für den Status quo der bisherigen Leistungen und den bisherigen Empfängerkreis ankündigen. Entgegen früheren Absichtserklärungen soll also das Landespflegegeldgesetz nicht aufgehoben werden.

Geklärt werden soll heute noch, ob Gehörlose und Sehgeschädigte noch Leistungen erhalten sollen. Die Grünen sind dafür, SPD und FDP wollen einen „Finanzierungsprüfungsauftrag“ an den Senat geben. Unklar ist ihnen, wie sehr sich der Empfängerkreis erweitern würde und wie die Kosten deshalb steigen würden.

Bisher haben ca. 2700 BremerInnen Geld nach dem Landespflegegeld-Gesetz erhalten. hm