„Wir sind keine Schönhuber-Partei“

Innerparteilicher Streit und die Verunsicherung der Basis lähmen die Reps vor der Landtagswahl in Bayern / Dabei gelten die Wahlen nächsten Sonntag als letzte Chance für die Partei  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – „Wir haben mit Rechtsextremen nichts zu tun.“ Selbst in dem 100-Seelen- Dorf Krapfenau in Mittelfranken werden die Wahlkämpfer der „Republikaner“ mit den Irritationen konfrontiert, die das Treffen von Parteichef Franz Schönhuber mit dem ungeliebten Vorsitzenden der „Deutschen Volksunion“, dem Münchner Multimillionär Gerhard Frey, ausgelöst hat. Die Rep-Basis ist verunsichert – und das kurz vor der für die Partei entscheidenden Landtagswahl in Bayern. Bei Umfragen schwanken die Reps dort um die fünf Prozent. Die Wahl in ihrem Stammland gilt als letzte Chance der Partei. Deshalb investiert die Schönhuber-Partei 1,5 Millionen Mark in den bayerischen Wahlkampf , mehr als dreimal soviel wie Bündnis 90/ Die Grünen.

In Krapfenau versucht der Nürnberger Rep-Bundestagskandidat Franz Fischer abzuwiegeln. „Da hat sich doch nur ein Deutscher mit einem Deutschen unterhalten, das war alles“, erklärt er den dreißig anwesenden Bauern. Wohlweislich verschweigt er, daß Schönhuber mit Frey über eine gemeinsame „rechte Abwehrfront“ gesprochen hat.

Zehn Jahre lang hatten sich die beiden Parteichefs heftig befehdet. Auf ihrem Ruhstorfer Parteitag vor vier Jahren grenzten sich die Reps explizit von der DVU und anderen rechtsextremen Parteien ab. Damals warf Schönhuber ein paar Rechtsextremisten aus der Partei. Er sprach fortan von einer „demokratischen Läuterung der Partei“, schließlich sollten seine „Republikaner“ salonfähig werden. Dazu gehörte die Glättung des Parteiprogramms. Parteivize Rolf Schlierer aus Stuttgart gab sich denn auch alle Mühe, Ausdrücke wie „Verfremdung unserer Kultur“ in den hinteren Kapiteln zu verstecken. Nach der Verabschiedung des neuen Programms jubelte Schönhuber im Juni letzten Jahres: „Ohne uns läuft in Deutschland nichts mehr.“

Doch Schönhuber hatte sich getäuscht. Bei allen folgenden Wahlen fielen die Reps durch. Zuletzt erzielten sie in Sachsen und Brandenburg blamable 1,13 beziehungsweise 1,27 Prozent. In Bayern konnten sie bei den letzten Europawahlen immerhin noch 6,6 Prozent einfahren. Einstmals euphorische Prognosen von einem zweistelligen Wahlergebnis im Freistaat sind aus der Führungsetage der Partei nicht mehr zu vernehmen. Landesvorsitzender Wolfgang Hüttl hofft auf acht Prozent, Parteivize Alexander Hausmann wäre bereits mit sieben Prozent zufrieden, und der sonst so vorlaute Franz Schönhuber zieht es vor zu schweigen.

Konkurrenz von rechts außen brauchen die Reps nicht zu fürchten. Die „Freien Bürger“ von Manfred Brunner und die NPD kandidieren nicht flächendeckend. Dafür aber zeigt die Doppelstrategie der CSU – einerseits strikte Ausgrenzung, andererseits Übernahme inhaltlicher Forderungen – nachhaltige Wirkung. Angesichts der CSU-Rufe nach Verschärfung der Ausländergesetze fällt es den Reps schwer, sich zu profilieren.

Den größten Trumpf spielte Schönhuber seinen christsozialen Widersachern mit dem Frey-Treffen selbst in die Hände. „Stoppt die Radikalen“, plakatiert die CSU derzeit landauf, landab. Auch innerparteilich hagelte es Vorwürfe. Christian Käs, Landesvorsitzender aus Baden-Württemberg, nannte den Schönhuber-Schritt einen „Husarenritt“. Und ausgerechnet der NRW-Landesvorsitzende Uwe Goller, der in parteiinternen Papieren gegen den „drohenden Volksaustausch“ polemisiert, forderte, den Abgrenzungsbeschluß zu Rechtsextremen zu erneuern.

Unterstützung fand Schönhuber nicht nur bei Frey, der die „Goller-Clique“ als „politische Nullen“ geißelte. Hüttl und Schlierer stellten sich sofort hinter ihren Chef. Der trotzte aller Kritik. Sein Verhalten gehe mit allen Beschlüssen der Partei konform, betonte Schönhuber. Außerdem habe er „nicht gedacht, daß das solche Wellen schlägt“.

Der Medienprofi Schönhuber so blauäugig? Wohl kaum. Nachdem er nach der Europawahl schon einmal die Vertrauensfrage im Präsidium stellen mußte, scheint das Frey-Treffen mehr zu sein, als die DVU-Wählerschaft zu gewinnen. Es war ein Testballon für den angeschlagenen Parteichef, um die innerparteilichen Gegner aus der Reserve zu locken. Der Test verlief erfolgreich. Hausmann, Käs und Goller entpuppten sich als Kontrahenten, Hüttl und Schlierer als treue Vasallen.

Mit Schönhubers Ankündigung, er werde nicht mehr zum Bundesvorsitzenden kandidieren, schienen die Wogen geglättet. Goller hat sich seitdem selbst Redeverbot auferlegt. Hausmann versucht, sich neben Schlierer als Kandidat für den Bundesvorsitz zu profilieren, und Käs schickt seinen Landesverband zur Wahlkampfhilfe nach Bayern.

Für Wolfgang Hüttl ist wieder „alles in Ordnung“. Im gleichen Atemzug bestätigt er jedoch gegenüber der taz, daß es einen Linienstreit in der Partei gibt. Bevor es zu einer Personalentscheidung kommt, wolle er erst einmal eine „Richtungsdebatte entfachen“. Hüttl hofft, daß seine Vorstellungen von einer „sozialpatriotischen Partei“ sich gegenüber denjenigen durchsetzen werden, die sich „den Konservativen als etwaige Koalitionspartner anbiedern“ wollten.

Zu dieser Fraktion gehört der schwäbische Bezirksvorsitzende Johann Gärtner. Der will die Reps als „rechtskonservative Partei etablieren“, lehnt jegliches Treffen mit Rechtsextremisten ab und verkündet derzeit in großformatigen Zeitungsanzeigen, die „Republikaner“ seien „keine Schönhuberpartei“. Gärtner sieht sich mit der Basis konform. „Auch ein Herr Schönhuber hat sich nach der Basis zu richten“, erklärt er. Während sich Partei und Öffentlichkeit in der Frage des zukünftigen Bundesvorsitzenden auf Schlierer und Hausmann konzentrieren, taucht Schönhuber ab und sammelt seine Bataillone. Das erwartet auch die ehemalige Schriftführerin im Bundesvorstand, Martina Rosenberger, die im Mai die Partei verlassen hat. Sie vergleicht die innerparteiliche Situation mit 1990. Damals enthoben Neubauer und seine Anhänger Schönhuber zunächst vom Bundesvorsitz, Schönhuber schmollte, um dann auf dem Parteitag in Ruhstorf wie Phönix aus der Asche aufzustehen und den Spieß herumzudrehen. Für die einstige Rep-Vorzeigefrau ist klar, wie der neue Rep-Chef heißt: „Franz Schönhuber natürlich.“