„Perversion des Tierschutzgedankens“

■ Vorstandsmitglieder des Hamburger Tierschutzvereins quälen sich gegenseitig

Es geht rund im Hamburger Tierschutzverein, vor allem in dessen Vorstand. Erstes Opfer: Der erste Vorsitzende Udo-Achim Wrieske. Seit einem Jahr ist er schon nicht mehr für Vorstand und Vereinsarbeit erreichbar, gestern wurde seine Entlassung aus dem Posten bekanntgegeben. Auf einer eiligst einberufenen Pressekonferenz verwahrte sich der Rest-Vorstand zugleich gegen die Vorwürfe der Spendenspekulation, die Ex-Vorstandsmitglied Rita Spiering am Montag im Abendblatt vor allem gegen Schatzmeister Herbert Andresen vorgebracht hatte.

Dieser habe, so der Vorwurf, mit Spendengeldern spekuliert, dies heimlich und ohne Wissen der übrigen sechs Vorstandsmitglieder und zu allem Überfluß auch dilettantisch. Verluste in sechsstelliger Höhe wegen Fehlspekulationen mit Wertpapieren in den Jahren 1988 und 89 gingen, so die Vorwürfe, auf sein Konto.

Das Dementi aus der Süderstraße kam gestern von Vorstandsmitglied Dietrich Schult: „Wir haben nicht spekuliert, sondern die Gelder auf Empfehlung der Deutschen Bank angelegt“. Einen Verlust müsse man allerdings zugeben, der ausbezahlte Zinssatz von 3,9 Prozent habe nicht einmal die Inflationsrate gedeckt.

„Das ist eine Kampagne“, wittert dagegen Herbert Andresen. Da wolle jemand den jetzigen Vorstand in Mißkredit bringen, nicht zuletzt, weil im November ein neuer Vorstand gewählt werden soll. Und diese Frau Spiering sei doch sehr dubios, wie Andresen gemeinsam mit Tierarzt Hans Jürgen Neitzel zu belegen suchte.

Und was der langgediente Tierdoktor zu sagen hat, macht wahrlich Tierschützers Herz rasen: Die Spiering sei eine Katzentöterin. Die angebliche Tierschützern fing verwilderte Katzen ein und brachte sie zum Töten ins Tierheim. „Mit Argumenten, es gehe den Tieren draußen so schlecht, verlangte sie von mir, die Tiere einzuschläfern“, so Neitzel.

Bis zu 200 Katzen fing Rita Spiering zeitweilig ein und setzte so den Tierarzt unter Druck, da Infektionserkrankungen in der Katzenmeute nicht ausblieben. Die „Perversion des Tierschutzgedankens“, so Neitzel, gipfelte darin, daß Spiering eine ihr untergebene Tierärztin einstellen wollte. Der Gesamtvorstand griff ein und Rita Spiering schied im Zorn.

Die Mißwirtschaft im Hamburger Tierschutzverein, der ein Vermögen von mehr als 20 Millionen Mark angehäuft hat, ist offensichtlich. Über die Spendenspekulation berichtete die taz bereits im Herbst vergangenen Jahres. Ein hauptamtlicher, fachkundiger Vorstand müßte die Arbeit in dem Großbetrieb führen, dessen knapp 60 Mitarbeiter 10.000 Tiere pro Jahr versorgen. Andresen und Schult wollen wieder kandidieren.

Doch bis zur Wahl im November tut vielleicht die Mopo einen Vorstands-Informanten auf, der heimlich Papageien importiert und die taz einen, der mit Vorliebe Polizeihunde quält. Katrin Wienefeld