Belgrad – Manchester

■ Die Aufhebung der UNO-Sanktionen gegen Restjugoslawien wird vorbereitet

Genf (taz) – Die baldige Lockerung der Sanktionen gegen Restjugoslawien scheint beschlossene Sache zu sein – unabhängig von der tatsächlichen Situation an der serbisch-bosnischen Grenze. Bereits drei Tage nach der Stationierung erster ziviler Beobachter an einigen wenigen Übergängen entlang der über 550 Kilometer langen Grenze existiert nach Informationen der taz ein „vorläufiger Bericht“ des Missionsleiters Pellnas. Darin wird die von Belgrad verhängte Blockade gegen die bosnischen Serben als umfassend und wirksam beschrieben. Unter Verweis auf den Bericht wollen die Jugoslawien-Vermittler Owen und Stoltenberg in New York vor dem UNO-Sicherheitsrat dafür werben, daß der Rat noch in dieser Woche eine erste Lockerung der im September 1991 gegen Serbien/ Montenegro verhängten Sanktionen beschließt. Vor Journalisten hatte Pellnas am Montag abend in Belgrad von „ernsthaften und effektiven Blockademaßnahmen“ gesprochen. Die Sprecherin der UNO in Genf wußte gestern nicht, auf welcher Basis Pellnas diese Einschätzungen machte. Gestern waren die letzten der 135 Beobachter in Serbien eingetroffen. Selbst die Beobachtermission in ihrer vollen Stärke ist nach Ansicht von UNO-Diplomaten nicht in der Lage, auch nur sämtliche offiziellen Grenzübergänge zu überwachen, geschweige denn die vielen Kilometer „grüne“ Grenze.

Als erste Schritte zur Lockerung des Embargos erwägt die UNO bislang die Öffnung des Flughafens in Belgrad. Außerdem soll Restjugoslawien wieder sportliche und kulturelle Kontakte mit dem Ausland aufnehmen können. Nach Informationen der taz ist bereits ein Fußballspiel zwischen Roter Stern Belgrad und Manchester United in Vorbereitung.

Unterdessen setzen die bosnischen Serben ihre „ethnischen Säuberungen“ unbehindert fort. Laut Mitteilung des UNHCR wurden allein am Montag mindestens 600 Muslime aus der ostbosnischen Region Bijeljina/Jana vertrieben, bei 14 Vertreibungsaktionen seit Mitte Juli insgesamt rund 6.000. Von den ursprünglich 30.000 Muslimen in Bijeljina vor Kriegsbeginn im April '92 sind nur wenige hundert übriggeblieben. In ganz Ostbosnien wurden seitdem 290.000 von 300.000 Muslimen und Kroaten vertrieben, in der nordbosnischen Region Banja Luka/Prijedor 467.000 von 537.000. Im nordbosnischen Tuzla hat sich durch Vertriebene aus anderen Regionen die Zahl der Muslime seit Kriegsbeginn von 316.000 auf 600.000 fast verdoppelt. Andreas Zumach