■ Der populäre Konzertführer
: Tanz den Leitartikel

Fast konnte man schon hoffen, daß mit einigen anderen Unsitten der 80er Jahre auch die als Popmusik kaschierten Leitartikel endgültig aus der Mode gekommen sind. Aber scheinbar gibt es immer noch einige chronisch betroffene Musikfreunde, die unbedingt die gesammelten Probleme der Menschheit abtanzen wollen. Also hat sich die englische Band Latin Quarter im letzten Jahr neu formiert, und nun singt Steve Skaith wieder die in eine seichte Mischung aus Folk, Ethno und Jazz verpackten Texte, die sich Mike Jones nach eifriger Zeitungslektüre zu relevanten Themen einfallen ließ. Heute um 20 Uhr präsentiert sie das KITO in einer schockierenden (!) Fehleinschätzung als „Konzert des Monats“.

Der Bremer Bassist Günther Späth spielt mit seinem Quintett konsequent Hardbop, also modernen akustischen Jazz ohne modischen Schnickschnack. Am Freitag (23.9) und Samstag (24.9.) um jeweils 22.30 Uhr kann man man Späth zusammen mit Eckhard Petri (Sax), Klaus Puckhaber (Trompete), Jens Schöwing (Klavier) und Heinrich Hock (Schlagzeug) im „Jungen Theater“ in der Friesenstraße erleben.

Ein anderer Bremer Musiker ist nur noch selten auf den heimischen Konzertbühnen zu hören: der Ex-Schloßer, Ex-Kneipier, Koch und Jazz-Pianist Heinz Wendel gehört mit Uli Beckerhoff, Sigi Busch und Ed Kröger zu den Gründervätern der hiesigen Jazzszene. Am Sonntag (25.9.) um 20 Uhr tritt er mit dem seinem langjährigen Freund und Schlagzeuger Harold Smith sowie dem Bassisten Thomas Biller bei einem Dacapokonzert im Überseemuseum auf. Dabei werden Aufnahmen für eine CD gemacht, die etwa sechs Wochen später veröffentlicht werden soll.

Am Dienstag (27.9.) um 20 Uhr werden im Kito nicht nur Mikrophone, sondern auch aufdringliche Fernsehkameras das Konzert von Charles und seiner siebenköpfigen Dancefloor Jazz Band aufnehmen. Da Kamerateams – hier: die des französischen Fernsehens – bei Konzerten meist ohne Rücksicht auf Verluste die Stimmung ruinieren, müßte vor diesem Auftritt wohl eher gewarnt werden, wenn nicht zum Ausgleich zwei hochkarätige Gäste mitspielen würden: der holländische Keyboarder Jasper van't Hof und der japanische Trompeter Toshinori Kondo. Daß sie hier nur mal so als Nebenattraktionen auftreten, macht neugierig auf diese „universal dance music for the global village“.

Willy Taub