Privatsanierung mit Steuergeldern?

■ Bremen soll für Altlastenbeseitigung in der Gärtnerei am Weidedamm zahlen

Für die millionenschwere Altlastensanierung der alten Gärtnerei Kähler auf dem Gebiet Weidedamm III soll die Stadtgemeinde Bremen aufkommen. Das jedenfalls hat die Gemeinschaft der Bauträger für das Gebiet von der Gewoba und den Behörden gefordert. Die Frage, wer nun für die Sanierung des Geländes zu bezahlen hat, beschäftigt derzeit die Rechtsanwälte der Bauträger und die Rechtsabteilungen von Gewoba, Bau- und Umweltbehörde. Inzwischen hat die Initiative „Grüner Weidedamm“ Strafanzeige gegen die Bauträger wegen „umweltgefährdender Abfallbeseitigung“ gestellt, weil nach ihrer Meinung die Sanierung des Geländes nicht vorangeht.

Die Notwendigkeit der Sanierung wird von niemandem bestritten: Bereits zweimal sind nach Begehungen mit Vertretern von Bauträgern, Behörden, Sanierungsfirmen und der Weidedamm-Initiative die ökologischen Altlasten der Gärtnerei aufgelistet worden: Dachziegel und zerfetztes Isoliermaterial enthalten Asbest, in einem verrosteten Heizungstank gefährdet Öl den Boden und auf den ehemaligen Feldern des Gärtnerbetriebes vermuten die Initativler jede Menge Pestizide. Für die Sanierung des Geländes schätzt die Initiative Kosten von 300.000 Mark – Ullrich Höft von der Gewoba rechnet daggegen mit anderen Beträgen: „Abriß und Sanierung werden für die Gärtnerei eine siebenstellige Summe ausmachen.“

Wer soll das bezahlen? Normalerweise ist der Eigentümer des Geländes für die Sanierung zuständig. Doch im Gebiet Weidedamm liege der Fall anders, argumentiert Michael Bongartz, Sprecher der Bauherren-Gemeinschaft: „Wir bauen ja auch öffentlich geförderte Wohnungen, für deren zusätzliche Kosten der Steuerzahler aufkommen muß.“ Altlasten habe es beim Erwerb des Geländes vor drei Jahren nicht gegeben: „Wenn die Heizung und die Asbestisolierungen nicht durch Vandalismus der Besetzer zerstört worden wären, wäre das alles kein Problem und würde seinen normalen Gang gehen. Und Pestizide gibt es da nicht mehr.“ Wenn man die Bauträger nur gelassen hätte – „Wir wollten im Januar die Gärtnerei abreißen, da gäbe es die Probleme jetzt nicht. Kurzfristig muß man sagen, wer sich nicht selbst der Gefahr aussetzen will, soll nicht auf das Gelände gehen.“

Bongartz geht davon aus, daß die Neufassung des Baurechts vor einem Jahr seinen Anwälten gute Argumente gibt: Mit Blick auf die altlastverseuchten Gebiete in Ostdeutschland war festgelegt worden, daß nicht in jedem Fall der Eigentümer für die Sanierung aufkommen muß. Der Weidedamm ist nun für Bongartz das „Pilotprojekt“, wie diese Regelung auch im Westen auszulegen ist. Ullrich Höft dagegen denkt an eine Vorfinanzierung der Sanierung durch die Gewoba. Ihr Geld kriege die Bau-Gesellschaft, an der Bremen drei Viertel der Anteile hält, zurück, wenn die Bauträger den Ausgleichsbetrag für die Erschließung bezahlten: „Ich gehe davon aus, daß die Bauträger letzten Endes in irgendeiner Form dafür restlos bezahlen.“

Bereits Ende Oktober sollen in der Gärtnerei die Bagger anrücken. Zwar habe es bisher noch keine Ausschreibung für die Sanierungsarbeiten gegeben, doch das lasse sich in wenigen Wochen arrangieren: keine Verzögerung im Zeitplan also, wie von der Initiative moniert. Klaus Möhle von der Initiative „Grüner Weidedamm“ hält dagegen: „Wir wollen erstmal, daß das Gelände hier ordentlich ökologisch saniert wird und das Zeug nicht einfach zusammengeschoben und auf die Deponie gebracht wird.“ Außerdem wolle er verhindern, „daß dafür Steuergelder ausgegeben werden. Schließlich waren die Altlasten beim Verkauf des Grundstücks bekannt, deshalb war der Bodenpreis für die Gärtnerei auch wesentlich niedriger als anderswo.“ Im Hinterkopf hat die Initiative allerdings auch ein strategisches Kalkül: Sie hoffen, daß sich Abriß und Sanierung möglichst lange hinziehen und sich der Baubeginn dann wegen der einsetzenden Vegetationsperiode im Frühjahr verzögert. bpo