Mit fremden Federn geschmückt

■ Umweltsenator ließ Greenpeace-Text umschreiben

Sechs Monate vor Beginn des Klima-Gipfels hofft Volker Hassemer, Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, sich angesichts der wenig vorzeigbaren Verkehrspolitik mit fremden Federn schmücken zu können: Die „MobilCard“-Aktion von Greenpeace und Stattauto soll zeigen, welch umweltfreundliches Klima herrscht. Im Vierfarbheftchen „Berlin Klima 95“, das von seiner Verwaltung herausgegeben wird, sollte Greenpeace die Aktion vorstellen. Greenpeace-Mitarbeiter Alois Vedder nutzte die Chance, Idee und Motivation darzustellen: 11.000 Kilometer Straßenbau in den nächsten 15 Jahren sowie die „Verweigerung von Kraftstoffverteuerung und Tempolimits“, so die Kritik an der Politik des Gastgebers, das stelle angesichts der Beschlüsse von Rio eine „Verhöhnung der Weltgemeinschaft dar“. Um der Berliner „Bevorzugung des Klima-Killers Auto“ entgegenzuwirken, sollten diese wenigstens gemeinsam genutzt werden, verbunden mit der Möglichkeit, am öffentlichen Personennahverkehr verbilligt teilzunehmen. So viel Kritik, aus der die Car-sharing-Idee geboren ist, wollte Hassemers Mitarbeiter Klaus Müschen denn aber doch nicht lesen. Greenpeace mußte sich mäßigen und kürzen. Resultat: „Berlin als Veranstaltungsort bremst den ÖPNV und plant für einen steigenden Autoverkehr.“ Doch als die Korrekturfahnen fertig waren, zog Müschen die Notbremse. Schließlich sei noch immer zu erkennen gewesen, daß die Aktion auf Unzufriedenheit an der Berliner Politik beruht und dieser entgegenläuft. So entschied die Verwaltung nach Müschens Darstellung, „den Text als eigenen Beitrag im Magazin zu bringen“.

In dieser Version, die jetzt 250.000fach in Berlin verbreitet wurde, klingt es, als habe sich Greenpeace entschlossen, die Senatspolitik zu unterstützen. Und in völligem Gegensatz zur Greenpeace-Intention lobt Hassemer die Aktion, die es nun als Ergänzung zu „der umfangreichen Förderung des Bus- und Bahnverkehrs und Maßnahmen zur Bremsung des Verkehrsanstieges“ gebe. Damit ist endlich für alle Leser im In- und Ausland erkennbar, wie prächtig Senat und Greenpeace doch harmonieren. Christian Arns