Arbeiten?

■ Fanny Müller - Die 22. Geschichte von Frau K.

in Großteil der Punks von nebenan hängt ja an der Nadel. Frau K. kommt da nicht mit. Sie selbst guckt noch nicht mal hin, wenn ihr beim Arzt Blut abgenommen wird. Wenn die jungen Leute so herumtorkeln, mag sie auch nicht hingucken. „Annererseits“, sagt sie, „wie Hermann Kuhlmann noch gesoffen hat, das sah auch nicht schön aus. Der hat ja überall hingebrochen.“ „Die solln ma arbeitn gehn“, sagt Anneliese Köster, die neben uns auf der Bank vor der Haustür sitzt. „Du bis wohl nich ganz richtig inn Kopf“, erwidert Frau K.. „Wills du die vielleicht inn Büro neben dir sitzen ham? Du bis doch immer so eisch mit Riechen.“ „Die könn sich ja waschen!“ Ich weiß, daß Frau K. das auch findet, aber bei Anneliese juckt es sie immer: „Und die Haare schneidn und 'n Aktenkoffer oder was? Denn sehn die ja alle aus wie du!“ sagt Frau K. „Oder wie ich“, setzt sie höflich hinzu. Daß alle wie geklont rumlaufen könnten, ist kein Argument für jemanden wie Anneliese, die toupierte Haare und einen Trevira-Hosenanzug immer noch für das Nonplusultra an elegantem Outfit hält. Ywonne, Frau K.s Enkelin kommt zu uns rübergelaufen. „Oma, hast du ma was Geld? Meine Strümpfe sind kaputt, ich muß mich doch vorstelln gehn.“ Seufzend kramt Frau K. in ihrer Schürzentasche. „Daß du auch Strümpfe kaufst! Nich wieder bloß Süßkram!“ „Ja, Oma.“ Ywonne zieht ab und macht Platz für ein Rudel Punks mit Hunden oder ein Rudel Hunde mit Punks, das ist nicht so genau auszumachen. Anneliese will was sagen, aber bei dem Krach gibt sie wieder auf. Jetzt bleibt die Bande auch noch direkt vor uns stehen und hält mit Gebrüll eine Erziehungsstunde für die Köter ab. Worte sind nicht zu verstehen; das einzige, was deutlich herauszuhören ist, ist der Ton, der zu Hause geherrscht haben dürfte. Frau K. wird es zuviel. Zudem wird sie noch von einem der älteren Punks angehauen: „Hassu ma 'n paa Groschn über, Oma?“ „Ich hab dir so und so oft von meine Rente erzählt“, schreit Frau K. aufgebracht, „wasch ma deine Ohrn...“, sie zuckt zusammen, als sie Annelieses Grinsen wahrnimmt, aber der Ärger ist doch stärker, „ ... und überhaupt, du kanns ja ma a...“ Anneliese grinst, daß es nicht zum Aushalten ist. Im letzten Moment kratzt Frau K. die Kurve: „Du kanns ja ma A-anneliese fragn!“

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