„Unsoziales Sparprogramm“

■ Gesundheitsbehörde will die Finanzierung der Betriebskindergärten ändern Von Kai von Appen

Sind die Betriebskindergärten in Hamburgs staatlichen Krankenhäusern bedroht? Diese Befürchtung hat gestern die Gewerkschaft ÖTV geäußert. ÖTV-Vizechef Wolfgang Rose: „Das unsoziale Sparprogramm gegen berufstätige Mütter im Schichtdienst muß sofort vom Tisch, sonst gibt es massiven Widerstand.“

Der Grund für die Aufregung: Der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) mit seinen zehn Kliniken soll in eine nach marktwirtschaftlichen Kriterien arbeitende Gesellschaft umgewandelt werden. Behördensprecherin Dr. Tordis Batscheider: „Nach der Verselbständigung soll die bevorzugte Finanzierung aufgehoben werden und der Landesbetrieb bei der Gesundheitsbehörde nicht mehr am Tropf hängen.“ Diese Änderung hat einschneidende Folgen für die Betriebskitas: Bislang zahlt die Behörde für die insgesamt 570 Plätze jährlich 4,8 Millionen Mark - das sind 60 Prozent der Gesamtkosten. 1,6 Millionen Mark (20 Prozent) übernimmt der LBK, die restlichen 20 Prozent müssen die KrankenhausmitarbeiterInnen – überwiegend schichtarbeitende Schwestern – selbst aufbringen. Sie zahlen pro Kind monatlich zwischen 180 Mark und 325 Mark, dafür sind die Kids werktags von 5.45 Uhr bis 20 Uhr untergebracht.

Nach der Neugliederung möchte sich die Gesundheitsbehörde ganz aus der Finanzierung herausziehen – nun soll die Jugendbehörde auf den Plan treten und nach dem Betriebskindergartenmodell 20 Prozent der Kosten übernehmen. Die 60 Prozent Gesundheitsbehördenanteil soll der LBK selbst tragen.

Die Gewerkschaft ÖTV befürchtet nun, daß der LBK diese Kosten nicht in voller Höhe übernehmen kann und wird und sie entweder an die MitarbeiterInnen weitergibt – wodurch ein Platz unbezahlbar würde – oder Teile der Kindergärten schließt. Batscheider: „Vielleicht kann der Landesbetrieb in den Verhandlungen noch ein wenig mehr rausschlagen.“ In der Jugendbehörde herrschte gestern Erstaunen. Sprecher Ulrich Vieluf: „Das sind Wünsche und Planungen der Gesundheitsbehörde, über die wir noch gar nicht informiert sind.“

Kommt es tatsächlich zu Kita-Schließungen, wird der Pflegeberuf für viele Frauen noch unattraktiver – ein Trend, dem der Verband der gemeinnützigen Krankenhäuser entgegenzuwirken versucht und extra eine Werbeagentur beauftragt hat, um unter dem Motto „Pflege hat Zukunft“ für den Krankenschwestern-Beruf zu werben. Marketingbeauftragte Gabriele Swiderski gestern beim Aktionstag auf dem Gänsemarkt: „Der Pflegeberuf bietet viele Möglichkeiten zur Qualifizierung und Spezialisierung.“ Vorausgesetzt, es findet sich eine zuverlässige Kinderbetreuung.