Fröhliche Drückerkolonnen

„Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen.“ Mit Gratisangeboten werben Vermittler offensiv neue Kunden für das fragwürdige Urlaubsgeschäft „Time-sharing“  ■ Von Gerrit-Richard Ranft

Die Verbraucherverbände landauf, landab warnen vor „Time- sharing“-Urlaub. „Viel zu teuer“, sagt Monika Ketterer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. Auf „Traumurlaub zu Preisen, die Sie nicht für möglich halten“, setzen dagegen die Vermittler von Ferienwohnrechten. Wie das praktiziert wird, hat Werner G. erfahren. „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen.“ G. entsann sich am Telefon überhaupt nicht, an einem Gewinnspiel teilgenommen zu haben. „Gell, da staunen Sie“, flötete die fröhliche Frauenstimme heiter weiter. Tatsächlich habe G. einen einwöchigen Urlaub gewonnen – in einem Komforthotel seiner Wahl, irgendwo in Europa. Nur ein einziger winziger Haken sei bei der Sache. „Der Gewinn wird persönlich überreicht – in Bregenz am Bodensee.“ Und G. solle die Ehefrau mitbringen samt zwei bis drei Stunden Zeit für die Zeremonie.

In Bregenz war G. nicht allein. Ein winziger Konferenzraum hielt schon gut zwei Dutzend Menschen gefangen. „Lauter Gewinner“, raunte ihm die Dame am Empfang zu. Und auf alle redeten lauter fröhliche Menschen ein, mit bunten Heften und vielen Bildern in beiden Händen und Formularen auf den Tischen. Warmherzig gratulierte einer der fröhlichen Menschen auch G. zum Urlaubsgewinn. Dann erzählte er viel vom Traumurlaub im Fünf-Sterne-Hotel und von Traumtagen, die individuell und ganz persönlich gestaltet würden, von Urlaub auf anspruchsvollem Niveau, „zu Preisen, die Sie nicht für möglich halten“, und schließlich „von der Kraft einer großen Idee“. Ferienwohnrecht werde durch eine einmalige Zahlung lebenslang gesichert, „und es eignet sich zum weltweiten Tausch“. Ferienwohnrechte als „Urlaub mit Zukunft“.

Zu Preisen zwischen 20.000 und 30.000 Mark erwerbe, wer unterschreibe, angeblich das Recht, auf Lebenszeit ein bis zwei Wochen im Jahr ein Ferienquartier mietfrei zu nutzen. Aber Monika Ketterer von der Verbraucherzentrale schränkt ein: „Die finanziellen Belastungen wachsen Jahr für Jahr, weil die Nebenkosten steigen und Instandhaltungskosten mitzutragen sind.“ Außerdem sei der Kunde gezwungen, „jahrelang den Urlaub am selben Ort zu verbringen“. Die stets als besonderer Vorteil des „Time- sharing“-Urlaubs angepriesene Möglichkeit, jederzeit mit anderen Ferienobjekten an Traumurlaubsorten zu tauschen, sei in der Hauptsaison nicht oder nur schwer zu verwirklichen, auf jeden Fall mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Der fröhliche Berater am Bregenzer Seeufer war zunehmend unzugänglicher geworden. Wollte G. doch partout das Kleingedruckte nachlesen im Vertrag. Auch die vielen Regeln im Katalog wollte er erst zu Hause in Ruhe durchsehen. Der Begleittext, eine lange Liste einschränkender Bedingungen, ließ gegenüber dem geschenkten Urlaub wenig Vertrauen aufkommen. Bevor nämlich „Holiday Marketing Travels“ sich auch nur mit dem Gutschein beschäftigen mag, werden 70 Mark „einmalige Buchungsgebühr“ fällig. Sodann sind „mindestens zwei Hotels und zwei Reisetermine aufzuführen“. Weiter ist „Holiday Marketing Travels berechtigt, Hotels aus dem Programm zu nehmen und durch gleichwertige Anlagen zu ersetzen“. Dies ist sogar dann möglich, wenn der Aufenthalt in einem anderen Haus bereits bestätigt war.

G. tut dennoch, wie ihm geheißen, meldet sich an, zahlt – und wartet. Nach einem Vierteljahr erkundigt er sich schriftlich und höflich nach dem Stand der Traumurlaubsplanung. Erhält aber keine Antwort. Nach weiteren drei Monaten trifft der Bescheid ein, die gewünschte Anlage bei Paris sei aus dem Programm genommen worden – siehe „auch Buchungsbedingungen“. Alternativ könnten Anlagen in Malaga, Alicante und Teneriffa angeboten werden. Dorthin will G. aber nicht. Telefonisch wird ihm ein Hotel im deutschen Allgäu zugesagt. Nach weiteren zwei Monaten geduldigen Zuwartens kommt per Post ein „Unterkunftsgutschein“ – für eine Woche in einer Thermenresidenz in der österreichischen Steiermark. Kleingedruckt kündigt der Gutschein „eine Führung durch die Hotelanlage“ an. Auch wird die „unverbindliche Präsentation einer neuen Urlaubsidee über die vielfältigen und kostensparenden Urlaubsmöglichkeiten weltweit“ angeboten. „Bitte planen Sie hierzu cirka zwei Stunden ihrer 168 Urlaubsstunden ein.“ Außerdem sind 99 Mark einzuplanen, liest G., – als „Kosten für Endreinigung, zu bezahlen im Hotel direkt“.Herr G. verzichtet auf Gewinneinlösung, auf Urlaub und Präsentation.

„Auch in diesem Jahr stehen wieder ganze Kolonnen von Drückern bereit“, sagt Ulrich Aengenvoort von der Verbraucherzentrale in Stuttgart, „um Feriengäste am Urlaubsort mit Gewinnen und Geschenkversprechungen anzulocken.“ Wer sich darauf einlasse, „sieht sich kurz danach gewieften Verkäufern gegenüber, die ihm in stundenlangen Gesprächen ein sogenanntes Nutzungsrecht an Ferienanlagen andrehen wollen“. Dabei erhalte der Kunde noch nicht einmal Sicherheiten für den Fall, daß die Ferienanlage in Konkurs gehe. Absicherung im Grundbuch sei meist nicht vorgesehen.

Die Rechtsprechung zum Time- sharing“ wird zwar zunehmend verbraucherfreundlicher, besser ist es jedoch solche Verträge weder im In- noch im Ausland abzuschließen. Die jüngste Version von „Timesharing“ wird über Mitgliedschaft im Verein abgewickelt. Dem „Birdy Ferienclub“ in Filderstadt- Bonlanden hat das Stuttgarter Landgericht vorläufig auferlegt, den Vertrag mit einem Ehepaar aufzulösen und den „Mitgliedsbeitrag“ von 24.500 Mark, eingebracht für „Time-sharing“, zurückzuzahlen. „Birdy“ war nicht in der Lage gewesen, den Tausch von Nutzungsrechten zu organisieren. Außerdem führten die Richter das Haustürwiderrufsrecht gegen den Vertrag mit „Birdy“ ins Feld.