Teurer Staat in Polen

■ Die Koalitionsregierung kündigt neue Steuern an / Die Börse protestiert

Warschau (taz) – Seit Polens Regierung am Mittwoch auch eine Besteuerung der Warschauer Börse angekündigt hat, mehren sich die Proteste von Wertpapierkommission, Börsenverwaltung, Investoren und Teilen der parlamentarischen Opposition dagegen, die befürchten, Polens Wertpapiermarkt könne an Attraktivität verlieren. Es bestehe die Gefahr, daß sich immer mehr Transaktionen dann außerhalb der Börse abspielten, gab etwa die Börsenzeitung zu bedenken.

Nach Angaben eines Sprechers des Finanzministeriums solle als Obergrenze für die Besteuerung 0,5 Prozent vom Umfang einer jeden Transaktion eingeführt werden. Finanzminister Kolodko, der variable Steuersätze unterhalb dieser Marke einführen könnte, hofft, mit diesem Instrument größere Kursschwankungen verhindern zu können. Bereits mehrmals war es in den letzten Jahren in Warschau zu Kurseinbrüchen gekommen, die die Börsenleitung dazu gezwungen hatten, Kursschwankungen von mehr als 10 Prozent außer Kraft zu setzen.

Anders als versprochen, will Finanzminister Kolodko die bisherigen Einkommenssteuersätze für Privatpersonen beibehalten. Sie waren von der Regierung Suchocka erhöht worden. Künftig sollen zudem schon Unternehmen ab 80.000 Mark Jahresumsatz mehrwertsteuerpflichtig werden. Dafür bleibt der Steuersatz auf Energieträger bei 7 Prozent, da man von einer Erhöhung zu starke Inflationsimpulse erwartet.

Die Steuerpläne der herrschenden Koalition aus Sozialdemokraten und Bauernpartei sind auf harte Kritik gestoßen. Ein Sprecher der Freiheitsunion sagte, der Anteil des Staatsbudgets am Bruttoinlandsprodukt, liege bereits bei fast 45 Prozent. Damit würden Investoren immer stärker in den Untergrund und die Steuerhinterziehung getrieben. Nur die linke Arbeitsunion kritisierte bisher die Regierung, weil ihr die Steuererhöhungen nicht weit genug gehen. Klaus Bachmann