Millionenschaden und Rätselraten

■ Zehn Tage nach dem Feuer an der Uni weiß noch niemand, was für Gifte entwichen sind

Die Uni Bremen ist von ihrer architektonischen Vergangenheit eingeholt worden: Die Gebäude, Anfang der siebziger Jahre errichtet, sind im Brandfall potentiell giftig. Das hat das Feuer im Gebäude GW2 am Freitag vorletzter Woche gezeigt. Auch knapp zehn Tage nach dem Vorfall tappt die Polizei nicht nur im Dunklen, was die Brandursache angeht – immer noch ist ungewiß, welche möglicherweise giftigen Stoffe durch die Hitzeentwicklung entstanden sind. Die Räume werden nach Auskunft der Universität mindestens ein halbes Jahr wegen Sanierung geschlossen sein. Der Sachschaden geht in die Millionen.

Der Brand war am Freitag vor zehn Tagen in einem der Büros auf der zweiten Etage des GW2 ausgebrochen. Obwohl die Ursache noch nicht geklärt ist, schließt die Polizei fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung aus. Beschädigt wurden aber auch Räume des dritten und vierten Stockes durch die Qualmentwicklung. Die gesamte zweite Ebene des GW2 wird dem Unibetrieb über ein halbes Jahr nicht mehr zur Verfügung stehen. „Die Decke von etwa 2.000 Quadratmetern muß komplett erneuert werden“, meinte Joachim Förster, Sicherheitsingenieur der Uni. Auch die vierte Ebene sei so stark verrußt, daß die gesamte Decke ersetzt werden muß. Auch in diesen oberen Etagen werden die Sanierungsarbeiten voraussichtlich drei bis sechs Monate dauern. „Der unmittelbar vom Brand betroffene Bereich muß bis auf den Rohbau erneuert werden“. Das ist eine Fläche von 300 bis 400 Quadratmetern.

Unsicher ist nach wie vor, welche Stoffe und Gase bei dem Brand entstanden sind. Denn in den Baumaterialien ist viel Kunststoff verarbeitet worden, der sich im Feuer zu unbekannten Substanzen (möglicherweise Dioxinen) umformen kann. Sicherheitshalber sind daher auch die oberen Etagen des GW2 gesperrt worden. Experten eines toxikologischen Instituts aus Kiel untersuchen derzeit die Stoffe, mit einem Ergebnis wird in dieser Woche gerechnet. Bis dahin ist unsicher, wann die dritte und vierte Ebene wieder betreten werden können. „Wir gehen aber davon aus, daß bei vergleichbaren Bränden keine hochgiftigen Stoffe freigesetzt werden“, meint Joachim Förster. Bisher wurden auf technischen Geräten in der vierten Ebene geringe Chloridablagerungen festgestellt, die beseitigt werden konnten.

Entgegen den Erwartungen des Sicherheitsingenieurs hatte die Klimaanlage die verqualmte Luft ungefiltert in die Räume des oberen A-Traktes geblasen. „Es handelt sich bei der Klimaanlage um ein veraltetes System“, meinte dazu Förster. Eine Gefährdung von Menschen dadurch schloß er jedoch aus. Selbst wenn während der Vorlesungszeit ein solcher Brand ausbreche, seien StudentInnen, ProfessorInnen und Angestellte nicht konkret gefährdet. Es gebe ein relativ gutes Alarmsystem, im Notfall könne man das Gebäude schnell verlassen.

Der Lehrbetrieb der betroffenen Fachbereiche 6, 8, 10 und 12 soll unter dem Feuer allerdings nicht leiden. Zwar liegen alle Unterlagen über Prüfungen oder Termine für den Semesterbeginn in drei Wochen jetzt in den Räumen auf Eis, aber die Sekreteriate sind ins Mehrzweckhochhaus ausgelagert worden und Anfang der Woche soll ein Notplan ausgegeben werden. Die zehn in den betroffenen Räumen geplanten Veranstaltungen werden in Ausweichquartieren stattfinden.

lagro / bpo