Erst zustimmen, dann kritisieren

■ Senat will Folgen des Entschädigungsgesetzes abmildern

Die Mieten von rund 140.000 Wohnungen in Ostberlin mit ungeklärten Besitzverhältnissen werden künftig auf Sperrkonten überwiesen und stehen den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften nicht mehr zur Verfügung. Das sieht das vom Bundesrat verabschiedete Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz vor. Nach Rechnung des Verbandes der Berlin- Brandenburgischen Wohnungsunternehmen bedeutet das in Berlin jährliche Mietverluste von 530 Millionen Mark.

Dem Gesetz hat auch der Senat zugestimmt, obwohl es von allen Parteien heftig kritisiert wird. Selbst Volker Liepelt, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, bezeichnete den umstrittenen Artikel 10 als „skandalösen Fehler, der jetzt schnellstmöglich eliminiert“ werden müsse. Eine vom Senat angestrebte Bundesratsinitiative brächte aber frühestens Mitte 1995 eine Änderung.

Der Regierende Bürgermeister hat angekündigt, daß der Senat „alle Anstrengungen“ unternehmen werde, um Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten fortführen zu können. Ob der Senat auch die entstehenden Verwaltungskosten übernehmen wird, ist dagegen noch unklar. Der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Mitte, Karl-Heinz Schmidt, bezifferte die Verwaltungskosten gegenüber der taz auf jährlich 7,4 Millionen Mark. Außerdem entstünde bei rund 14.000 betroffenen Wohnungen für seine Wohnungsbaugesellschaft ein jährlicher Mietausfall von 70 Millionen Mark. Die Neuregelung mache es außerdem möglich, daß der spätere Eigentümer die Gewinne eines Hauses einfordere, die Verluste aber dem Steuerzahler überlasse, so Schmidt. Dringende Baumaßnahmen wie die Betonsanierung der Hochhäuser in der Leipziger Straße könnten daher vermutlich nicht durchgeführt werden, so Schmidt. Um gemäß dem Gesetz die Mieteinnahmen rückwirkend zum 1.Juli auf die Sperrkonten zahlen zu können, werde man eventuell Grundstücke verkaufen, um genug Geld zusammenzubekommen. An eine Niederlegung der Verwaltung der betroffenen Häuser denke man aber nicht, betonte Schmidt: „Wir werden die Mieter nicht im Stich lassen.“ Anne-Kathrin Schulz