Grüne Angst vor der „FDP light“

Die Bündnisgrünen streiten weiter über eine Koalition mit der PDS / Große Koalition ablösen oder in der Opposition bleiben? / SPD-Landeschef lehnt jede Zusammenarbeit mit der PDS ab  ■ Von Dirk Wildt

Der Vorschlag der Bündnisgrünen Willi Brüggen, Jochen Esser und Andreas Schulze, nach den Abgeordnetenhauswahlen im Oktober 1995 eine Koalition mit SPD und PDS zu bilden, hat eine breite Debatte bei Bündnis 90/Die Grünen ausgelöst. Verschiedene Parteimitglieder veröffentlichten am Wochenende Strategiepapiere, die für eine Diskussion nach der Bundestagswahl vorgesehen waren. Allen Beiträgen ist gemein, daß sie eine Neuauflage einer rot-grünen Landesregierung für wenig wahrscheinlich halten. Die eine Seite drängt deshalb auf eine Koalition mit der PDS. Die andere Seite von Bündnis 90/Die Grünen würde dagegen das weitere Verharren in der Opposition bevorzugen. Brüggen, Esser und Schulze („Ohne die PDS wird es keine Alternative zur Großen Koalition geben“) werden von den beiden Abgeordneten Judith Demba und Sybill Klotz unterstützt. Sie halten ebenfalls eine SPD-PDS-Grüne-Koalition für möglich: „Wenn wir uns weiter an Ausgrenzungsthesen und Mythenbildung von CDU und SPD beteiligen, wird der Solidarisierungseffekt mit der PDS, vor allem im Osten, um so größer.“

Eine Minderheitsregierung von SPD und Grünen schließen die beiden Autorinnen aus. Einerseits könne sich die SPD dann überall Mehrheiten beschaffen, andererseits profiliere sich die PDS „praktisch auf unsere Kosten als die linke Oppositionspartei“. Eine Koalition mit Beteiligung der PDS würde dagegen das Durchsetzungsvermögen der Grünen stärken, weil es zwei Verhandlungspartner gäbe. Im Gespräch mit der taz zeigte sich auch der Bürgerrechtler und Abgeordnete Christian Pulz der rosa-rot-grünen Koalition nicht abgeneigt. Das PDS- Papier sei „nicht ohne“.

Eine Koalition mit der PDS lehnen dagegen unter anderem Wolfgang Wieland, Michaele Schreyer und Michael Cramer sowie Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Wachsmuth und der Bundestagsabgeordnete Gerd Poppe ab. Cramer bezweifelt, daß mit CDU, FDP und PDS der ökologische und solidarische Umbau der Gesellschaft möglich sei. Außerhalb von Rot-Grün komme nur die Oppositionsrolle in Frage.

Wachsmuth schließt in Berlin eine Minderheitsregierung wie in Sachsen-Anhalt aus. Konflikte wie der Dauerclinch mit Bundesregierung und Bundestag um die Hauptstadtplanung und -finanzierung sowie der immer noch vorhandene Ost-West-Gegensatz machten eine stabile Regierungsmehrheit nötig. Die PDS sei beim jetzigen Stand „nicht koalitionsfähig“.

Ähnlich abwegig sei die Vorstellung einer „Ampel“ mit der FDP, die fast alle sozialliberalen Elemente hinter sich gelassen habe. Es bleibe nur, eine mögliche rechnerische Mehrheit von Rot- Grün in eine politische Mehrheit umzusetzen. Die anderen Überlegungen würden den Eindruck verstärken, „wir würden uns sowieso an jeder Regierung beteiligen“. Dieses Image einer „FDP light“ könne nur „weiteren Kredit“ kosten.

Ditmar Staffelt, SPD-Landesvorsitzender, forderte gestern vom Landesvorstand der Grünen eine „klare und öffentliche Aussage“ gegen die PDS. Für die SPD sagte Staffelt: „Es wird keine Zusammenarbeit, auch keine Tolerierung oder etwa Koalition mit der PDS geben.“