Ohne Empire braucht man keine imperiale Großfamilie Von Ralf Sotscheck

Die englische Queen ist nicht zu beneiden: Alle sind hinter ihrem sauer Ersparten her, zuletzt auch die Liberalen Demokraten (siehe taz vom Samstag). Sie wollen die zehn Millionen Pfund (rund 25 Millionen Mark) eindampfen, die Elisabeth und zehn nahe Verwandte als Aufwandsentschädigung für die Erfüllung königlicher Pflichten erhalten. Paul Keetch von den Liberalen meinte, da das Empire futsch sei, benötige man auch keine imperiale Großfamilie mehr.

Aber auch Elisabeths eigenes Portemonnaie ist in Bedrängnis. Der parlamentarische Rechnungsausschuß hat vor kurzem moniert, daß die Königin zwanzig Millionen Pfund im Jahr für den Unterhalt der fünf staatlichen Paläste im Großraum London – außerdem hat die Königin zwei eigene Schlösser in Balmoral und Sandringham – ausgibt. Ihre Telefonrechnung beträgt alleine 766.000 Pfund für 116 Anschlüsse und 24 Faxleitungen. Aber die Queen läßt sich nicht lumpen: Sie steuert 20.000 Pfund aus eigener Tasche für Privatgespräche bei – etwa für die obszönen Anrufe ihres Ältesten („Camillagate“ – „Wahrheit“ berichtete), der wohl ewig Thronfolger bleiben wird.

52.000 Pfund Steuergelder gehen im Jahr für Schönheitsreparaturen drauf. Das ist zwar nicht der Rede wert, doch der Rechnungsausschuß hob hervor, daß die königliche Familie nur acht von insgesamt 285 Wohnungen in den fünf Staatsschlössern bewohne. In den übrigen Apartments residieren Verwandte und Bedienstete, deren Nähe für das Wohlbefinden der Königin unerläßlich ist – zum Beispiel der königliche Buchbinder und sein Stellvertreter. Genauso wichtig sind die 13 pensionierten Offiziere, die im Windsor Castle wohnen, weil sie dort jeden Sonntag in Uniform an der Morgenmesse teilnehmen müssen. Und sollen vielleicht der Gemäldewart, der Siegelaufbewahrer, die Robenhüterin und der Bote für die Leibgarde in Mietwohnungen ziehen? Was wäre dann, wenn die Queen nachts ein Gemälde kaufen oder einen Brief schreiben wollte?

Ein wenig übertrieben ist jedoch das Windsor-Apartment des Marquis von Cholmondeley. Der adlige Schnorrer hat vor vier Jahren umgerechnet eine Viertelmilliarde Mark sowie zwei Paläste geerbt, seine Kunstsammlung ist knapp 40 Millionen Mark wert. Als Gegenleistung für das kostenlose Wohnrecht muß er einmal im Jahr, wenn die Queen das Parlament eröffnet, rückwärts vor ihr hergehen. Der Labour-Abgeordnete Alan Williams will ihn vor die Tür setzen lassen – und den Rest der königlichen Sippschaft ebenfalls. Lediglich der Buckingham-Palast soll ihr bleiben. Den will Williams' Parteikollege Mo Mowlam jedoch in ein Museum umwandeln. Sollten beide Labour-Leute ihren Willen bekommen, wäre die Queen so gut wie obdachlos.

Zu allem Überfluß hat auch Jonathan Aitken, der neue Tory- Staatssekretär im Finanzministerium, den Nassauern den Kampf angesagt. Der 52jährige Multimillionär, der zwei schöne Häuser mit 16 Schlafzimmern besitzt, wetterte Anfang des Monats gegen „gewisse Leute, die es sich auf Kosten der Steuerzahler zu behaglich“ machten. Manche von denen haben sogar Häuser mit Gästezimmern, staunte Aitken. Er sprach von den SozialhilfeempfängerInnen, denen er jetzt das Wohngeld kürzen will.