Schneider tot oder gefangen?

■ Anwälte des untergetauchten Bauspekulanten zweifeln an der Echtheit ihrer Vollmachten / Ein Ägypter als Mittelsmann

Frankfurt/Main (taz/afp) – Der Fall des untergetauchten Baulöwen Doktor Jürgen Schneider und seiner Ehefrau Claudia droht zur unendlichen Geschichte zu werden. Während die wegen Betrugs (unter anderem zum Nachteil der Deutschen Bank) und betrügerischen Bankrotts ermittelnde Staatsanwaltschaft seit Monaten vergeblich versucht, den Eheleuten auf die Spur zu kommen, kocht in Frankfurt/Main wöchentlich die Gerüchteküche über. Die Familie Schneider auf den Bahamas, Schneider solo in Paraguay gesichtet, Schneider und Frau in der Schweiz, Schneider im Iran – und jetzt soll der Mann vielleicht sogar schon tot sei oder „irgendwo gefangengehalten“ werden.

Diese Befürchtungen jedenfalls äußerten Schneiders Anwälte Volker Hoffmann und Thomas Knieriem in einem Gespräch mit der Zeitschrift Focus und im ZDF. Beide meldeten Zweifel an der Echtheit der ihnen von Schneider erteilten Vollmachten und einer sechzigseitigen Erklärung ihres Mandanten an. Sie hätten nämlich bislang keinen persönlichen Kontakt zu Schneider oder seiner Ehefrau herstellen können.

Auch der Rechtsanwalt Franois Canonica, der das Ehepaar Schneider in der Schweiz anwaltlich vertritt, habe lediglich „über einen Mittelsmann“ eine vage Verbindung zu den beiden auch vom BKA gesuchten Personen unterhalten.

Bei dem „Mittelsmann“ soll es sich um einen Ägypter mit kanadischem Paß handeln, der „Mostafa el Kastawi“ heiße. Nach Focus-Informationen handelt der Mann mit Waffen. „Kastawi“ habe gegenüber den deutschen Anwälten erklärt, daß Schneider sich in einem „sicheren Versteck“ befinde.

Hoffmann und Knieriem jedenfalls wollen ihr Mandat niederlegen, falls nicht noch in dieser Woche ein direkter Kontakt zu Schneider oder seiner Frau zustande kommt. Das Bundeskriminalamt will in den nächsten Tagen die Unterschrift von Schneider auf den Vollmachten für die beiden Anwälte auf ihre Echtheit hin überprüfen. Hoffmann sagte im Fernsehen: „Solange wir noch nicht das Ergebnis dieser Überprüfung kennen, müssen wir durchaus auch in das Kalkül ziehen, daß Dr. Schneider tot ist, oder daß er sich an einem Ort aufhält, wo er sich nicht frei bewegen kann.“

Übrigens: Die zu Schnellschlüssen neigende Zeitschrift Focus hatte in Sachen Schneider schon einmal Lehrgeld bezahlen müssen. Für Bargeld hatte das Blatt angebliche „Briefe von Schneider“ gekauft und deren Inhalte veröffentlicht. Doch die Briefe waren dilettantische Fälschungen von zwei inzwischen aufgeflogenen Trittbrettfahrern. Klaus-Peter Klingelschmitt