Vorsicht Kuscheltiere

■ Die „Kelly Family“ gleich dreifach auf dem Domshof: unverwüstlich happy

Man kennt das ja schon vom „Raumschiff Enterprise“: als die Haare grauer und die Knochen müder wurden, mußte „The Next Generation“ übernehmen, um den Traum vom friedlichen intergalaktischen Miteinander weiter vorzuleben. Ähnlich verhält es sich mit der „Kelly Family“, jenem fahrenden Völkchen aus Irland, das vor Ewigkeiten auszog, diese Welt zu einem etwas glücklicheren Ort zu machen. Inzwischen weilt Mutter Kelly nicht mehr unter uns, und Vater Kelly residiert mit der vielköpfgen Kinderschar auf seinem Hausboot bei Köln. Diese Kinder trugen nun das musikalische Erbe nicht nur zurück in die Charts, sondern auch auf den Bremer Domshof, den sie von ihrer LKW-Bühne aus jetzt gleich dreimal bespielten.

„Kelly Family – the Next Generation“ präsentierte sich unter heftigem Kindergeschrei aus den ersten Reihen als die Kapelle für alle, denen „Take That“ zu anrüchig sind. Kein verheißungsvoller Griff in den Schritt störte das stubenreine Vergnügen. Stattdessen glattgebügelte Musikversatzstücke aller Herren Länder, mal flotter, mal verträumter, immer im einheitlichen Kelly-Arrangement, bei dem jeder Sproß mal singen darf. Wurde es rockiger, schüttelten die Gitarreros ihre Mähnen manischer als „Metallica“, aber selbstredend wurde auch dabei keinem Instrument ein Saitchen gekrümmt. Trotzdem regnete es Stofftiere und Fanbriefe, als spielten hier MTVs Lieblinge der Woche und nicht eine Straßenkapelle, die sich mit „Wetten daß“-Auftritten über Wasser hält.

Die Unverwüstlichkeit dieses Projekts war für viele der getreuen Bremer Fans denn auch der Grund fürs Kommen. „Ich finde das toll, wie die nach all den Jahren noch als Familie zusammenhalten“, so eine Konzertbesucherin, „und die singen so schön.“ Das sahen nicht alle genauso. „So schreien kann ich auch, aber ich kann davon nicht leben! Für die klatsch ich nicht!“ befand eine andere Schaulustige.

Hinter der Bühne betrieben aufgeregte Teenager schon mal leichten Vandalismus, um durch die Absperrung einen privaten Blick auf ihre Idole zu werfen. Erstaunlich junge Menschen waren es auch, die am enthusiastischsten „The Kellys Are The Best“-Transparente schwenkten und jeden Song schon an den ersten Takten erkannten, bekreischten und mitsangen. Die älteren Jahrgänge fühlten sich hingegen wohler, wenn die Iren Evergreens der „Beatles“ oder „Klaus & Klaus“ zum Besten gaben. Da weiß man, wie geklatscht werden muß.

Gutes Timing hatte der Auftritt jedenfalls: Nach der „Kelly Family“ konnte man zu Hause im Fernsehen die „Addams Family“ sehen, und entscheiden, für welche das eigene Herz höher schlägt.

Andreas Neuenkirchen