■ Press-Schlag
: Oh Eintracht

Ist Bundesligatrainer Josef „Osram“ Heynckes (Eintracht Frankfurt) ein Psychopath? Muß dem Mann eine „abnorme, von einem angenommenen Durchschnitt abweichende, überwiegend anlagebedingte Persönlichkeitsstruktur“ attestiert werden, unter der vor allem „der Träger selbst und/oder sein soziales Umfeld“ zu leiden haben? (Lexikon der Psychologie)

Im sozialen Umfeld von Heynckes jedenfalls leiden fast alle an Heynckes – respektive an seinem System. Und Heynckes selbst leidet an Heynckes mehr als alle anderen Menschen. So glutrot wie letzten Freitag, als ihm sein soziales Umfeld auf dem grünen Rasen eine 0:3-Niederlage gegen Bayer Uerdingen servierte, hatte sein Kopf noch nie gestrahlt. Und als es dann noch Anthony Yeboah, Maurizio Gaudino und Tribünengast Uwe Bein wagten, Kritik am Trainer und seinem System zu äußern, platzte Heynckes fast die Birne – zumindest aber der Kragen. Man wisse doch, daß sich Yeboah „kaum artikulieren“ könne, giftete Heynckes rassistisch zurück. Und Gaudino sei in dieser Saison doch ein „Totalausfall“ gewesen. Zur Kritik von Bein, den sich Yeboah sehnlichst (aus Japan) als „Paßgeber“ zurückwünschte, sagte Heynckes nichts. Denn Heynckes weiß: Fußballgötter stehen – vor allem in Frankfurt am Main – außerhalb der Kritik.

Versager, so Heynckes, seien bei der Eintracht auch die Verteidiger, denn die hätten sein „einfaches System“ – die „Dreierabwehrkette“ – noch nicht einmal im Ansatz begriffen. Dazu ein völlig verunsicherter Anthony Yeboah: „Wir alle machen fast alles falsch.“

Doch warum bot die Eintracht in (fast) unveränderter Zusammensetzung in den vergangenen zwei Spielzeiten (fast) immer erstklassigen Fußball? Und warum war Josef Heynckes in den vergangenen zwei Spielzeiten im baskischen Bilbao ein erfolgreicher Trainer? Weil die Ex-Coaches Stepanovic und Toppmöller die schwarz- roten Pferdchen einfach laufen ließen – ganz ohne Systemzwang? Weil die Spieler in Bilbao die Verbalattacken von Heynckes nicht verstanden? Fragen über Fragen. Fest steht jedenfalls: „So schlimm, wie es im Moment läuft, war es noch nie“ (Yeboah).

Doch es kann noch schlimmer kommen. Sollte die Eintracht heute im Waldstadion gegen Ljubljana in der ersten UEFA-Pokalrunde ausscheiden, wird nach dem latenten Psychokrieg am Riederwald (wieder) die offene Feldschlacht ausbrechen – mit Opfern auf beiden Seiten. Gaudino will ohnehin schon seit Wochen weg. Yeboah würde bei einem Verkauf das Geld in die Kasse bringen, das die Eintracht eigentlich im UEFA-Cup einspielen sollte. Und für Heynckes soll dann – nach dem Willen der „Experten“ in der VIP- Lounge – der Ex-Bayern- Trainer Erich Ribbeck eingekauft werden. Oh, Eintracht! Klaus-Peter Klingelschmitt