: „Jetzt mag ich auch nicht mehr“
Eine Partei im Abseits: Nach der Wahlschlappe in Bayern mochte „Republikaner“-Chef Schönhuber nicht mehr vor die Journalisten treten / In seiner Partei geht es derweil rund ■ Aus München Bernd Siegler
„Wir haben Sie immer eingeladen, es kam aber niemand. Jetzt mag ich auch nicht mehr.“ Kaum war Franz Schönhuber, Chef der rechtsextremen „Republikaner“, zur Pressekonferenz nach der Wahlschlappe seiner Partei bei den bayerischen Landtagswahlen erschienen, war er auch schon wieder weg. Zurück blieb, etwas verdutzt, Wolfgang Hüttl, Rep-Chef von Bayern. Er beeilte sich, seinem Chef Rückendeckung zu geben („Ich kann das gut verstehen.“), und machte die Medien für die mageren 3,9 Prozent im Stammland der Partei verantwortlich. Im Juni bei den Europawahlen waren es im Freistaat noch 6,6 Prozent.
Angetreten war die Schönhuber-Truppe, um „bayerische Heimat und Kultur zu bewahren“. Die Wahl im Freistaat galt als letzte Chance für die 1983 von unzufriedenen CSUlern gegründete Partei. Immerhin etwas mehr als 450.000 Wähler wollten den selbsternannten „Erneuerern Deutschlands“ diese Chance geben, den Rest holte Edmund Stoiber mit seiner strikten Ausgrenzung der Reps wieder für die CSU zurück. Zu wenig Stimmen also für die Reps, um im dritten Anlauf den Einzug ins Maximilianeum zu schaffen. Vor vier Jahren war man denkbar knapp mit 4,9 Prozent gescheitert.
Schönhubers Traum ist damit ausgeträumt. Voller Neid blickt er nach Mittenwald, wo seine Partei 14,6 Prozent der Erststimmen holte. In seinem eigenen Wahlkreis blieb der Rep-Chef mit 3,5 Prozent sogar noch unter dem Landesdurchschnitt. Innerparteilich hat bereits das Hauen und Stechen begonnen. Es sollen Köpfe rollen, und Landeschef Hüttl will eine „Richtungsdebatte entfachen“. Die Partei solle sich verabschieden, ein „Wurmfortsatz der Union“ werden zu wollen. Sie solle zudem die Zersplitterung im rechten Lager endlich beenden. Das Treffen von Rep-Chef Franz Schönhuber mit dem einstmals verhaßten Chef der „Deutschen Volksunion“, Gerhard Frey, das heftige Auseinandersetzungen bei den Reps ausgelöst hatte, will Hüttl nicht für die Wahlschlappe verantwortlich machen. „Die historische Tragweite dieses Treffens wird sich noch zeigen“, verkündet der Landeschef.
Hüttl will jetzt die „Parteienlandschaft auf der rechten Seite aufweichen“. Sowohl den „Bund Freier Bürger“ von Manfred Brunner als auch die „Freie Bürgerunion“ des CSU-Rechtsabweichlers Ortwin Lowack will er in eine „rechte Opposition“ miteinbeziehen. Mit rechtsextremen Organisationen wie NPD und DVU will er nichts zu tun haben, wohl aber mit deren Sympathisanten und Mitgliedern. Die Reps sieht Hüttl als „Marktführer“ in diesem neuen „sozialpatriotischen“ Bündnis.
Gegnern dieser Linie sagte Hüttl den Kampf an. „Wir werden mit Sicherheit mit dem einen oder anderen die Parteigeschicke nicht mehr fortführen.“ Er meint beispielsweise den schwäbischen Rep-Chef Johann Gärtner. Der hatte Schönhubers Treffen mit Frey scharf kritisiert. Der Bundesvorsitzende habe damit die Wähler verprellt, er sei „unberechenbar wie eine Zeitbombe, bei der man nicht weiß, wann sie hochgeht“. Schon am Wahlabend krachte es zwischen Schönhuber und Gärtner. Der Rep-Chef setzte den Kontrahenten kurzerhand vor die Tür.
„Die Partei gleitet jetzt ins totale Abseits“
Der will eine Sondersitzung des Landesvorstands beantragen und darauf hinarbeiten, daß es schnelle Veränderungen in der Partei gebe. Schönhuber und Hüttl seien „nicht mehr tragbar“. Die Partei habe nur eine Überlebenschance, wenn sie sich als „konservative Partei und echte Alternative zu den Regierungsparteien“ darstelle. Sonst gleite sie „ins totale Abseits“.
Hüttl und Schönhuber wollen diese Schelte nicht auf sich sitzen lassen. Gärtner soll bereits auf der nächsten Präsidiumssitzung amtsenthoben werden. Doch Gärtner ist nicht allein. Johann Mühlberger, Vorsitzender des Rep-Bundesschiedsgerichts, will Schönhuber per einstweiliger Verfügung „parteioffizielle Kontakte zu Extremisten“ verbieten. Und auch der stellvertretende Bundesvorsitzende Alexander Hausmann goß Öl ins Feuer. Er hofft zusammen mit Uwe Goller, Chef von Nordrhein-Westfalen, und Christian Käs, Chef von Baden-Württemberg, darauf, daß sich die Partei von Schönhuber distanziert. Hausmann kandidiert auf dem Ende November anstehenden Bundesparteitag für den Vorsitz. Vor einem Jahr, auf dem Parteitag in Augsburg, hatte Schönhuber noch getönt, die Reps könnten „sich jetzt nur noch selbst schlagen“. Jetzt sind sie auf dem besten Weg, sich zu spalten. Sollten Schönhuber und Hüttl siegen, kündigte Gärtner bereits an, der größte Teil der schwäbischen Rep-Mitglieder werde dann der Partei den Rücken kehren. Damit ist der „Beginn eines neuen rechten Marsches in Deutschland“, den Schönhuber nach dem triumphalen Wahlerfolg bei den Landtagswahlen in Baden- Württemberg im April 1992 (10,9 Prozent) ausgerufen hatte, zu Ende. Das ist auch dem bayerischen Landesvorstandsmitglied Dieter Maier klar: „Bei aller Schönrederei, das Ergebnis in Bayern bricht uns das Genick.“
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