Größere Töpfe, größere Taten!

■ Wirtschaftsstudie des Hans-Bredow-Instituts bescheinigt Hamburg den Platz 1 in der bundesweiten Medienstadt-Hit-Liste

Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist die medialste im ganzen Land? Hinter dieser Frage steht selten der Wunsch der Stadt-Oberen, etwas Glitzeriges und Glamouröses im Dorf zu beherbergen. Es geht eher um den Wirtschaftsfaktor Medien und um Standortpolitik. Denn der medialen Industrie – Zeitungen, Fernsehen, Hörfunk, Film, Platten und CDs, Werbung und Public Relations – werden rosige Zeiten vorausgesagt.

Glaubt man der Antwort des hanseatischen Spiegleins „Hans-Bredow-Institut“, macht Hamburg zur Zeit das Rennen. Die Wirtschaftsstudie der Medienwissenschaftler Thomas Kirsch und Hermann-Dieter Schröder zeigt, daß im vergangenen Jahr 38.000 Festangestellte im Hamburger Medienbereich arbeiten – 1986 waren es nur 30.000. Diese Personal-Steigerung liegt um ein Dreifaches höher als in anderen Wirtschaftszweigen üblich. Der Umsatz der Medien hat sich fast verdoppelt: Von 10,8 Milliarden Mark (1986) stieg er auf 18,2 Milliarden (1992).

Damit liegt Hamburg vor München und vor Nordrhein-Westfalen. Haben wir gewußt? Weil doch soviele neue Zeitschriften von Hamburger Verlagen erschienen sind und noch erscheinen sollen? Falsch: Erstens wächst es im Bereich der bedruckten Blätter nach der Studie des Bredow-Instituts nur geringfügig: In Hamburg liegt die Personal-Steigerungsrate von 3,7 Prozent im Print-Sektor unter dem Medien-Gesamtdurchschnitt. Die neuen Titel und ausgelagerten Redaktionen der hanseatischen Verlage führten weder zu nennenswerten Neueinstellungen noch zu Unternehmensgründungen.

Ein „Boom“ ist allerdings nach Meinung von Wolfgang Hoffmann-Riem, Direktor des Hans-Bredow-Instituts, im Bereich der audio-visuellen Medien zu verzeichnen. Waren 1990 noch 4580 Menschen in diesem Marktsegment fest angestellt, verdienten 1993 bereits 6300 Leute damit ihr Geld. Dieses Wachstum scheint allerdings weniger auf die hiesige mickrige Medienförderung zurückzugehen, als vielmehr auf die kleinen Produktionsfirmen, die den privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern zuliefern und so ihre Nische gefunden haben.

Doch in diesem zukunftsträchtigen elektronischen Bereich liegt Hamburg hinter den Kapazitäten von Köln und Düsseldorf. Dort wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert, was das Subventions-Zeug hält. Diesen „Förderwettbewerb“ müsse Hamburg in Zukunft verlieren, meint Riem, denn die Geld-Töpfe der Hansestadt sind wesentlich kleiner. Auch gegen die Konkurrenz aus Berlin käme Hamburg auf lange Sicht nicht an – die Hauptstadt fordert ihren Tribut.

Damit das Spieglein an der Wand nicht in 20 Jahren mit „Beerli-hin“ antwortet, sollte Hamburg nach Riems Meinung die Ausbildungsmöglichkeiten für Medienleute verbessern, Nischenmärkte fördern und dafür sorgen, daß die Hansestadt eine „Identität“ bekäme und lebendiger würde. „Ha-ha-ham-burg!“ Annette Bolz