Die Erde - der Planet der Wale

■ Gestern eröffnete die Ausstellung "Die Welt der Wale" / Greenpeace will den Besuchern die Welt aus der Sicht der größten Säugetiere der Welt zeigen

Umhüllt von sphärischen Klängen, taucht der drei Meter lange Grauwal mit arttypischem Glucksen ab und stößt mit seinem Maul in den Sand, wo die schmackhaften Krebse wohnen. Gelbe Parasiten- Walläuse haben sich auf seiner Haut festgesogen, ebenfalls gelb sind die Barten, die aus dem sich öffnenden Maul hervorleuchten. Eine fast perfekte Illusion – allein die klickenden Maschinengeräusche verraten das, was die graue Verpackung aus Latex und Silikon verbergen will: Es ist ein meterlanges Stahlskelett. Mit Druckluftbolzen läßt es, dem unauthentisch trockenen Element trotzend, den Wal wie im echten Leben schwänzeln und buckeln.

Der derartig „animierte“ Grauwal ist eines der Glanzstücke einer Wanderausstellung, die ab heute im Straßenbahndepot in Moabit zu sehen ist. „Die Welt der Wale“, konzipiert von Greenpeace, entführt den Besucher in diejenigen zwei Drittel der Erde, zu denen den meisten Zweibeinern nur das Wort „Urlaub“ einfällt – die Weltmeere. Durch einen blauen Pavillon schreitend, eröffnet sich unter leisen Synthesizerklängen eine neue Perspektive auf die Wassermassen. „Vom Weltall aus gesehen ist dieser Planet blau“, erinnert mahnend der Walforscher Heathecode Williams auf einer Diaprojektion, „er ist der Planet des Wals, nicht des Menschen.“

Seitdem vor 55 Millionen Jahren die ersten Säugetiere zurück ins Wasser gingen, haben sich die Wale perfekt an die feuchte Umgebung angepaßt. Aus dem schlangenförmigen Brasilosaurus, der augenrollend und um Schaumstoffkorallen schlängelnd Schrecken verbreitet, sind, so Greenpeace, „optimal angepaßte Meeressäuger“ geworden, die, „weitgehend von der Schwerkraft befreit, mit der Leichtigkeit des Seins gesegnet sind“. In fünf verschiedenen Lebensräumen kann man die Wale ganz aus der Nähe betrachten. Im Arktis-/Antarktisbereich dümpeln die Rekordbrecher aus der Welt der Ozeane. Der schwarz-weiße Orca, der als Killerwal „Willy“ inzwischen traurige Berühmtheit als Kinoheld erlangt hat, und der Blauwal, der mit 26 Metern und einem VW-Käfer-großen Herzen das größte Säugetier der Welt ist.

Daß trotz der Animation und der träumerisch stimmenden Musik die Ausstellung nicht Disney- World-Charakter bekommt, garantieren die Greenpeace-Texttafeln. Unaufdringlich detailliert wird hier über das informiert, was das Leben der Wale ausmacht. Praktische Erfahrungen bietet ein Wasserbecken mit Korkkügelchen, in dem man mit einem Handfeger Bartenwal spielen kann. „Wir wollen den Besuchern die Welt aus der Perspektive der Wale zeigen“, erklärt Organisator Andreas Bauch. Und dazu gehören auch Themen wie Umweltverschmutzung, Treibnetze und Walfang. Besonders am Herzen liegen den Greenpeaclern dabei die Verstöße Norwegens gegen das Walfangverbot. Über 4.000 Protestfaxe haben Lübecker Besucher von der Wanderausstellung bereits an die norwegische Botschaft geschickt. In Berlin will Greenpeace diese Aktion wiederholen, man hofft darauf, daß die Norweger nicht wieder ihr Faxgerät abstellen. Anne-Kathrin Schulz

Bis zum 8. Januar täglich von 9 bis 18 Uhr im Straßenbahndepot in Moabit, Sickingenstraße 59–61, am stimmungsvollsten bei schlechtem Wetter zu genießen!