„Sehr fröhlich“

■ Gesundheitspolitisch angeschlagener Clinton von Jelzin begeistert

Washington (dpa/AP/AFP/taz) „In einigen kurzen Jahren haben Sie ein ganzes Lebenswerk vollbracht“, staunte Bill Clinton über Boris Jelzin. Gerade war das Lebenswerk des US-Präsidenten namens Gesundheitsreform wieder einmal am Kongreß gescheitert – der hat beschlossen, vor den Kongreßwahlen im November nicht mehr darüber abzustimmen. Der innenpolitisch angeschlagene Clinton sucht jetzt offenbar bei seinem russischen Amtskollegen Inspiration in Gesprächen, die ein Beamter als „sehr fröhlich, sehr freundschaftlich, bisweilen informell und bisweilen sehr direkt“ bezeichnete. Jelzin stimmte zu: Die Gespräche im Weißen Haus waren nach seinen Worten „mehr als offen“. Schon der Austausch dauerte statt der angesetzten 30 Minuten insgesamt drei Stunden.

So bringt der zweitägige Gipfel nach amtlicher Darstellung mehr Erfolg als erwartet. So deutete US- Außenminister Warren Christopher an, daß mit einer Einigung bezüglich der von den USA mit Sorge verfolgten russischen Rüstungslieferungen an Iran zu rechnen sei. In bezug auf den Bosnienkonflikt zeigte sich Clinton kompromißbereit: Christopher berichtete, die USA würden zwar um den 1. November herum den UN-Sicherheitsrat auffordern, das Verbot von Waffenlieferungen an die bosnische Regierungsarmee aufzuheben, aber zugleich eine monatelange Verzögerung der Inkraftsetzung beantragen. Der Sprecher der russischen Delegation, Georgi Karasin, lobte dies. Beide Seiten wollen sich nach Angaben von US- Außenminister Warren Christopher künftig dafür einsetzen, daß Serbien und Bosnien-Herzegowina sich gegenseitig anerkennen.

Beim Staatsdiner zu Ehren des russischen Präsidenten lud dieser Clinton für Mai 1995 nach Moskau ein. Parallel zu den Gesprächen unterzeichneten Rußland und die Weltbank ein Kreditabkommen mit einem Gesamtvolumen von 700 Millionen Dollar.