■ Urdrüs wahre Kolumne
: Mein bunter Abend der Häme

Der eher lautstarke denn effektive Angriff auf das Bremer FDP-Kontor zeugt vermutlich doch davon, wie sehr es diesmal um alles geht. Da ahnen wir von ferne, zu was für verzweifelten Schritten die Angst um die Sicherheit des Arbeitsplatzes das Bürogesinde treiben kann: Die Attentäterei mit gebremstem Schaum als Alternative zu Hungerstreik und anderen öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Für die Wahlkampfkostenerstattung mag das ja reichen – aber um über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen, müssen wohl noch ganz andere Kracher zünden!

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Bremen-Werbung also soll das sein, wenn der vom Wetterhähnchen des Heimatsenders zum Melitta-Kaffeeonkel mutierte Egon Wellenbrink auf dem Aromafilter mit den Genußporen Dixieklänge produziert und die Nordseeküsten-Kläuse sich und ihr Publikum auf die nächsten Sixdays vorbereiten. Mit dem singenden Professor Busch wird auf der Einiguns-Party obendrein das Gerede von der roten Kaderschmiede konterkariert und die CDU läßt ihren Berni ganz ohne Maulkorb „als gläubigen Christen und Mitglied der Bremischen Evangelischen Kirche“ Glaubensbrüder mit der Forderung nach Staatsraison zum Tisch des Herrn zu rufen. SEIN REICH, Herr Sanitätsgefreiter Neumann, ist aber nicht von dieser Welt, in der Sie parlamentarischer Staatssekretär schon mal Gedichtbände auf den Scheiterhaufen werfen wollten. Übrigens findet sich im Gesangbuch kein einziger „Frau Wirtin“-Vers...

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Der ADAC veröffentlichte jetzt einen Bußgeldkatalog für Beleidigungen, der allerdings erhebliche Lücken aufweist. So ist zwar zu erfahren, daß die Bezeichnung „Wichser“ für Polizisten mit 2.OOO DM geahndet wird, während man bei „Trottel in Uniform“ mit 1.5OO DM vergleichsweise günstig davonkommt. Und für den zivilen Bereich erfahren wir, daß der schlichte „Depp“ mit fünfhundert Eisen zu Buche schlägt: Wie teuer aber die ehrverletztende Verbalinjurie „ADAC-Mitglied“ kommt – darüber schweigt man sich natürlich betreten aus.

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Rechtzeitig zur Einheitsfeier wurde Robert Bücking zum Gemeindedirektor im Viertel-Dörfli gewählt – ein nettes Signal für jede Montagsdemonstrantin, daß man auch nach wilden Lehr- und Wanderjahren im fortgeschrittenen Alter noch sein Plätzchen am öffentlichen Herdfeuer finden kann. Da sollte sich doch auch der Nachwuchs nicht schrecken lassen, zu tun, was da zu tun ist! Aber bittschön, friedlich und niveauvoll...

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Was dem nörgelnden Skeptiker natürlich bei aller Freude über das Volksfest dieses Wochenendes auffällt: Parallel zu den Einigungsfeiern finden die 1. Bremer Immobilientage statt. Typisch für die Ringvereine deutscher Makler: Wenn die MarkMark-Schnäppchen aus Treuhand-Beständen abgewickelt sind, darf auch das Volk um Hundehütten anstehen. Wer zu spät bekommt, den bescheißt man mit Courtage, Kaution und marktgerechten Preisen...

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Die taz kriegt ja immer nur LeserInnenbriefe voller Zorn, Wut und Empörung mit beigelegter Kopie von der letzten Drohung mit Abo-Kündigung, sieht man mal ab von Kalli Blaubär und anderen Deutern und Propheten des Weltgeschehens (Schöne Grüße auch..!). Im Weserkurier dagegen liefert Leserbriefschreiber Hermann H. Iggena echte Lebenshilfe, die wir dem hier versammelten Publikum nicht vortenthalten wollen: Es ist keine gute Sache, daß zum Fest am 3. Oktober nur für die „Upper Class“ alles kostenlos ist. Warum nicht auch für den normalen Steuerzahler freie Getränke, Pommes und Bratwurst? Aber auf dem sogenannten Volksfest muß er alles bezahlen und wenn er Pech hat und in eine Demo gerät, bekommt der Pechvogel noch etwas auf die Schwarte. Bei aller Vaterlandsliebe muß ich dann leider sagen „Nein danke, feiert lieber ohne mich!“ Wahre Worte sprechen Sie gelassen aus, Herr Iggena! Da lade ich Sie herzlich gern zum morgigen „Bunten Abend der Häme“ ins Kino 46 ein – als meinen lieben Gast, dem es an Freibier, Pommes und Bratwurst danach nicht mangeln soll: Ich will Sie erquicken!

Ulrich Reineking-Drügemöller