Algerischer Popstar wegen „Verwestlichung“ ermordet

■ Weiterer Musiker seit Tagen entführt

Paris (taz) – Der populäre algerische Popstar Cheb Hasni ist gestern ermordet worden. Wie die Sicherheitskräfte mitteilten, wurde der 26jährige am Mittag in Oran im Westen des Landes erschossen. Die Polizei geht davon aus, daß islamische Fundamentalisten hinter der Tat stecken. Hasni trug den Spitznamen „Prinz des Rai“ in Anspielung auf eine Musikrichtung, in der traditionelle algerische Rhythmen verbunden werden mit westlicher Musik. Die Texte handeln zumeist von Problemen junger Menschen. Islamische Fundamentalisten haben diese Musik als „verwestlicht“ kritisiert.

Vier Tage zuvor ist der 38jährige Sänger Lounès Matoub in der Region Kabyle verschleppt worden. Er hat viele Feinde – sowohl bei der „Islamischen Heilsfront“ (FIS), deren Mitglieder er auf seiner letzten Platte des Mordes bezichtigt, als auch beim Regime in Algier, das er schon seit seiner Jugend bekämpft. Von beiden Seiten hat der kabylische Barde immer wieder Drohungen bekommen. In der Nacht zum Montag ist er von einem 15köpfigen Kommando in der Nähe von Tizi-Ouzou entführt worden. In der 90 Kilometer östlich von Algier gelegenen Hauptstadt der Kabylei übertragen seitdem Lautsprecher seine Lieder über Straßen und Plätze. In der Berberregion, deren populärste Stimme Matoub ist, stehen die Zeichen auf Sturm. Der 38jährige Matoub hatte seine musikalische Karriere in den 70er Jahren als Pendler zwischen beiden Rändern des Mittelmeers begonnen. Er spielte für kabylische Immigrantenzirkel in Frankreich und für kabylische Dorfgemeinschaften in Algerien. An die 30 Platten und Kassetten hat er veröffentlicht – mit einem Repertoire, das von traditionellen Romanzen über Protestlieder bis hin zu „kabylischem Blues“ reicht. Dorothea Hahn