Quadratur des Kreises ökologisch gelöst

■ Greenpeace und Wirtschaftsforschung an einem Strang: Durch steigende Energiesteuern 600.000 Arbeitsplätze schaffen

600.000 zusätzliche Arbeitsplätze können in den kommenden fünfzehn Jahren in Deutschland entstehen, der Energieverbrauch im gleichen Zeitraum um zwanzig Prozent gesenkt wertden. Das renommierte Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist zu dieser erstaunlichen Erkenntnis in einer Studie über die „Ökologische Steuerreform“ gekommen. Die deutsche Sektion von Greenpeace hatte die Studie in Auftrag gegeben, um die Debatte um Ökosteuern fachlich zu untermauern.

„Am Anfang war uns etwas mulmig zumute“, sagte Kristina Steenbock von Greenpeace vergangene Woche auf einer Veranstaltung zum Thema „Ökosteuer – Sackgasse oder Königsweg?“. Schließlich hätte das Ergebnis ja auch niederschmetternd sein können. War es aber nicht. Das Szenario sieht eine stetige Erhöhung der Energiesteurn vor. Im ersten Jahr sollen fossile Energien fünf Prozent stärker besteuert werden, sukzessiv jedes Jahr weiter um vier bis fünf Prozent steigen. Nach zehn Jahren wären die Energieträger dann um 60 Prozent teurer, der Staatssäckel um 120 Milliarden Mark reicher.

„Ganz wichtig ist die Steueraufkommensneutralität“, sagt Steenbock. Die Steuern sollen nicht die leeren Staatskassen füllen und Haushaltslöcher stopfen. Der Staat soll vielmehr am Ende eines jeden Jahren die eingenommen Märker an die privaten Haushalte und an die Unternehmen zurückzahlen. Privatleute sollen einen für alle gleich großen Bonus bekommen, die Wirtschaft könnte über niedrigere oder völlig wegfallende Sozialabgaben indirekt entlohnt werden.

Die VolkswirtschaftlerInnen meinen, daß das zu einem enormen Arbeitsplatzaufbau führen wird, die Kohl'schen blühenden Landschaften am Horizont erscheinen werden. „Ein Strukturwandel kann so herbeigeführt werden“, meint Michael Kohlhaas vom DIW. Energiesparende und arbeitsintensive Unternehmen wie Dienstleister oder moderne Branchen wie die Elektrotechnik wären die Gewinner der Steuerreform. Das Wirtschaftswachstum sei zudem mit 40 Prozent beträchtlich. „Private Haushalte werden mehr Kaufkraft haben, das Kostenniveau der deutschen Wirtschaft durch niedrigere Lohnkosten sinken“, sagt Kohlhaas.

Deutschland solle den „nationalen Alleingang“ wagen, meint Steenbock. „Nur durch die Vorreiterrolle eines Industriestaates wird sich etwas ändern“. Seit Jahren ist schließlich bekannt, daß der Kohlendioxid-Ausstoß verringert werden muß. Die Bundesregierung hat sich verpflichtet bis 2005 die CO2-Emissionen um 25 Prozent zu verringern. Doch konkret geschieht fast nichts. Die Bundesländer schieben ihre Verantwortung auf Bonn, Bonn verweist auf Brüssel und die Technnokraten dort wollen nichts ohne die anderen Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unternehmen.

KritikerInnen der ökologischen Steuerreform sehen den Standort Deutschland gefährdet. „Energieintensive Industrien werden ins Ausland gehen“, fürchtet Peter Kloess, Präsident des Bremer Arbeitgeberverbandes. „Das führt nicht zu einem Strukturwandel, sondern zu Strukturbrüchen“, glaubt er und tut die Steuerreform ansonsten als „kontraproduktiv“ ab. Die größten Verlierer könnten in der Tat die Chemieindustrie und die Energieversorgungsunternehmen sein. fok