Wenn der Amtsschimmel saniert

Groteske Situation in Friedrichshain: Durch veränderte Förderprogramme werden Bewohner gleicher Wohnungen unterschiedliche Mieten zahlen  ■ Von Lars Klaaßen

Der Helenenhof in Friedrichshain ist in zweierlei Hinsicht außergewöhnlich: Einerseits ist er die bedeutendste denkmalgeschützte Wohnanlage des Bezirks. Andererseits könnte er bald zum ersten Wohnblock avancieren, in dem bei gleichen Wohnungen desselben Eigentümers völlig verschiedene Mieten erhoben werden.

Obwohl der gesamte Helenenhof mit öffentlicher Förderung aus dem Programm der sozialen Stadterneuerung saniert wird, zeichnet sich eine groteske Situation ab: „Trotz gleicher Grundvoraussetzungen innerhalb einer Wohnanlage werden die Mieten voraussichtlich um drei bis vier Mark pro Quadratmeter differieren“, befürchtet Martina Albinus, Bezirksstadträtin für Bauen und Wohnen. Grund dafür sind die für 1995 geplanten Änderungen im Landes- Förderprogramm. Diese kommen zum Tragen, da das Gebiet aufgrund der Finanzknappheit in zwei Bauabschnitten saniert wird.

Bisher braucht der Eigentümer im Zuge des Programms nur ein Drittel der Baukosten zu tragen. Der Rest wird bezuschußt. Sozialverträglichkeit wird dabei durch Mietpreisbindung gewährleistet. Die Miete von anfangs maximal fünf Mark pro Quadratmeter darf pro Jahr nur um 25 Pfennig steigen. Dieses Modell bietet den Bauherren einen Anreiz zur Sanierung und schützt die Mieter vor explodierenden Abgaben. Doch um zu sparen, werden in der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen neue Richtlinien erarbeitet.

Jochen Hucke, Gruppenleiter der Modernisierungs- und Instandsetzungsförderung, erläutert die neuesten Überlegungen: „Die Zuschüsse werden nun aufgeteilt, so daß die Hälfte vom Eigentümer mitgetragen wird.“ Diese zusätzliche Belastung soll auf längerfristige Finanzierungen angewandt werden, bei denen der Bauherr ein zinsenbezuschußtes Darlehen erhält. Die bisherige Mietpreisbindung, so Hucke, solle abgeschafft werden: „Statt dessen orientiert sich die Miete in diesem Modell am Mietspiegel von vergleichbaren Wohnungen.“ Damit soll eine Angleichung an andere Mietverhältnisse erreicht werden.

Die Schutzmechanismen gegen Mietenexplosionen sind bei diesen Überlegungen eher spärlich, wie selbst Hucke zugibt: Mieterhöhungen müssen rechtzeitig angekündigt werden. Der Mieter muß einer Modernisierung ausdrücklich zustimmen. Nur 5,5 Prozent der Kosten dürfen auf die Miete aufgeschlagen werden, wobei der Mietspiegel nicht überschritten werden darf. Bei einkommensschwachen Mietern soll der Preismaßstab von Sozialwohnungen aus den siebziger Jahren angelegt werden.

Hucke warnt bei diesem Modell vor drei Risiken: „Das langfristige Darlehen für den Eigentümer ist nicht kalkulierbar.“ Außerdem gibt der Gruppenleiter zu bedenken, daß die Orientierung am Mietspiegel nicht unbedingt vor enormen Mietsteigerungen schütze. „Auch der vorgesehene Schutz einkommensschwacher Mieter ist fragwürdig“, warnt der Fachmann. Die Verwaltung könne nicht jede Wohnung bearbeiten, der Vermieter habe daran gar kein Interesse, und viele Mieter wissen gar nicht, welche Möglichkeiten sie haben.