Radlern droht Stau auf dem Deich

■ In den Niederlanden führt die Lust am Rad bereits zur Überfüllung

Während der deutsche Fahrrad- Boom schon wieder nachläßt, wird das Nachbarland im Westen immer mehr zum Radlerpark: Seit Beginn der neunziger Jahre kauften in jedem Jahr etwa 1,3 Millionen Niederländer ein Fahrrad. Dabei müßte der Bedarf längst gedeckt sein: Auf 15 Millionen Einwohner kommen bereits seit Jahren ebenso viele Räder.

Auf den Radwegen drohen dem kleinen und dichtbesiedelten Land jetzt die ersten Staus: Gerade in den Naturschutzgebieten und auf den friesischen Inseln sind die Zeiten romantischer Touren durch die einsame Landschaft längst vorbei. Auch 1.200 Kilometer neue Fahrradwege pro Jahr können kaum noch Abhilfe schaffen.

„Der einsame Radler ist zum Gruppentier geworden“, titelte kürzlich das niederländische Nachrichtenmagazin ElseVier. Auch der Beratungsausschuß für Freilufterholung warnte Anfang des Jahres vor „Stauradeln“ und den daraus resultierenden Konflikten: Denn nicht nur Radfahrer, sondern auch Reiter und Fußgänger erheben Anspruch auf die knapper werdenden Erholungswege. Und schließlich, so der Ausschuß, gefalle es den meisten Niederländern nicht, im schönen Wald anderen Niederländern zu begegnen.

Ein Ausbau des Wegenetzes ist kaum noch möglich: „Wenn ein Radweg durch die Dünen führt, ist da eben kein Platz für noch einen“, erklärte im vergangenen Jahrhundertsommer sogar Ferry Smith, Mitarbeiter des Fahrradclubs ANWB, leicht resigniert.

Um radelnden Heizern auf den niederländischen Erholungswegen den Garaus zu machen, wird vom ANWB schon über „verkehrsberuhigende Maßnahmen“ nachgedacht, die man bisher nur vom Autoverkehr kennt: Verkehrspoller, Blumenpötte und sleeping policemen. Immerhin sind auch noch fahrradfreundlichere Varianten im Gespräch: So könnten – zumindest am Wochenende – landschaftlich reizvolle Strecken für den Autoverkehr gesperrt werden. Jeannette Goddar