■ Mit Sonderziehungsrechten auf du und du
: Stumpfes Instrument

Madrid (taz) – Die einzige konkrete Frage, die auf dem Jahrestreffen von IWF und Weltbank entschieden werden sollte, ist die Ausgabe von neuen Sonderziehungsrechten (SZR). IWF-Chef Michel Camdessus möchte eine neue Portion dieses Kunstgelds an alle IWF-Mitgliedsländer verteilen. SZR sind, dem europäischen Ecu vergleichbar, eine Korbwährung, die sich aus fünf Währungen (US-Dollar, DM, Yen, Pfund und Franc) errechnet. Staaten können SZR genauso wie Dollar oder andere harte Währungen als Währungsreserven, also als Polster für Devisenzahlungen, halten.

SZR wurden 1968 erfunden und 1970 erstmals an die Mitgliedsstaaten des IWF – je mehr ein Land in den Fonds eingezahlt hatte, desto mehr SZR erhielt es zurück. Insgesamt wurden bisher 21,4 Milliarden SZR (30 Mrd. US-Dollar nach heutigem Kurs) ausgegeben. Doch die 37 neuen Mitglieder, die zum IWF nach der Wende in den ehemals sozialistischen Ländern stießen, gingen bisher leer aus. Die letzte Zuteilung fand 1981 statt. Gerade die sogenannten Reformstaaten könnten Devisenreserven aber dringend brauchen. Auch vielen devisenhungrigen Ländern des Südens käme eine neue Ausschüttung von SZR sehr zupaß.

Camdessus hat sich diese Argumente offiziell zu eigen gemacht. Hinter seinem Vorschlag, 36 Milliarden neue SZR (50 Mrd. Dollar) auszuschütten, stehen jedoch noch andere Motive. Seit 1972, als die erste Emission beendet war, fiel der SZR-Anteil an den weltweiten Devisenreserven von neun auf nur noch zwei Prozent. Camdessus befürchtet, daß sein wichtigstes Instrument bedeutungslos wird. Mit einer neuen Emission käme der IWF wieder näher an die Rolle der Weltzentralbank heran. Die Industrieländer warnten schon vor der Madrider Konferenz, das neue Geld löse einen Inflationsschub aus – eine etwas lächerliches Argument angesichts eines Welthandelsvolumen von 1,2 Billionen Dollar jährlich. Die 50 Milliarden Dollar, die Camdessus forderte, hätten gerade einmal 2,8 Prozent der Schulden der Entwicklungsländer entsprochen. Nicola Liebert