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WAP-Million verschleudert

■ Wie Bremen eine 1,5-Mio-Maschine förderte, die jetzt aber gar nicht in Bremen steht, sondern in Leuna

Richtig Geld da ist in Bremen nur im „Wirtschaftsaktionsprogramm“ (WAP) und im „Investitionssonderprogramm“ (ISP), verwaltet von den WirtschaftsfördererInnen. Logisch also, daß es darum heftiges Tauziehen gibt. Vergeblich forderte bisher selbst der SPD-Landesvorstand ein „Controlling“, um die WAP-Ausgaben mit dem Nutzen für die bremische Wirtschaft vergleichen zu können. Selbst das vertrauliche Parlamentsgremium „Wirtschaftsförderungs-Ausschüsse“ tut sich schwer, den Überblick zu bewahren und im Auftrage der SteuerzahlerInnen die Kontrolle auszuüben. Ganz besonders ungern reden Bremer WirtschaftsfördererInnen über die WAP-Millionen, die in das AG-Weser-Gelände geflossen sind. Im Unterschied zu anderen Fällen aber sind hier interne Unterlagen per Indiskretion öffentlich geworden, ein „Controlling“ ist also möglich.

Jüngstes Beispiel: Mit einer Million Wirtschaftsförderung hatte der Wirtschaftsförderungs-Ausschuß 1988 eine Vier-Millionen-Investition der Firma Grunau ins AG-Weser-Gelände gefördert, also satte 25 Prozent Subvention. Die ParlamentarierInnen gehen aufgrund der ihnen vorgelegten Unterlagen davon aus, daß das Geld auch wirklich investiert wurde: Der Staatsanwalt stellte im September dieses Jahres nach halbjährlichen Ermittlungen ein Verfahren gegen den Wirtschaftsstaatsrat Haller ein mit der Begründung, der Steuerberater Grunaus habe eine Liste mit dem Nachweis der entsprechenden Investitionen 1989-92 vorgelegt.

Was allerdings auch der Staatsanwalt nicht weiß: Nach der taz vorliegenden Informationen steht z.B. eine große Rohrbiegeanklage im Wert von 1,5 Mio, die Bremen aus WAP-Mitteln mit 25 Prozent subventionierte, längst in Leuna in Ostdeutschland.

Aus der der taz vorliegenden Liste geht außerdem hervor, daß aus WAP-Mitteln hier die ganz normalen Erhaltungsinvestitionen gefördert wurden. Sechs Sprechfunkgeräte brauchte die Firma, und Bremen steuerte 25 Prozent der Kaufsumme (DM 9.796 Mark) bei. „Diverse Gegenstände unter 3000.-“ wurden genauso gefördert wie die „Bepflanzung und Pflasterung“ einer Helgen-Böschung.

Die vier Millionen für Investitionen, die Grunau nachweisen mußte, kommen durch solche Peanuts nicht zusammen. Als größerer Posten steht die Anschaffung von fünf SVE-Industriestaplern (880.000 Mark) auf der Liste. Fachleute, die sich auf dem Gelände auskennen, sagen aber: Hier sind nie fünf dieser Stapler herumgefahren. Dazu sollte man wissen, daß Grunau in derselben Zeit, in der diese Stapler angeschafft wurden, mehrere Treuhand-Betriebe übernommen hat.

Größter Posten auf der Liste ist die „Mannesmann-Rohrbiegeanlage“, die Grunau 1990 zum „unabgeszinsten Kaufpreis“ von 1,5 Mio übernommen hat. Bremer Subventionsanteil: 375.000 Mark. Zu dieser Rohrbiegeanlage muß man folgendes wissen: Sie steht seit 1987 auf dem Gelände und arbeitete zeitweise für die Firma Mannesmann. 1990, als das Konzept „Großanlagenbau“ gescheitert war, arbeitete sie nicht mehr. Grunau kaufte also die herumstehende Maschine, Mannesmann stundete den Kaufpreis, Grunau kassierte dafür Bremer WAP-Mittel – und seit 1992 steht das Teil in Leuna.

Wenn die Bremer WirtschaftsfördererInnen das interessieren würde, könnten sie eine Million Investitionsförderung zurückfordern. Übrigens auch aus einem anderen Grunde: Grunau bekam die vier Millionen nicht für irgendwelche Investitionen in Sprechfunkgeräte und „Diverses“, sondern ausdrücklich nur nach nach Vorlage eines Investitionsplanes, der mit dem Satz „Grunau plant die Verlagerung des Betriebes Mahndorf...“ beginnt (15.3.1989).

Die später als Nachweis vorgelegte Investitionsliste hat aber mit diesem Investitionsplan nichts mehr zu tun – tatsächlich hat Grunau seinen Mahndorf-Betrieb nicht verlagert. Schon deshalb hätte das WAP-Geld zurückgefordert werden können.

Pikanterie am Rande: In derselben Zeit, in der die Firma Grunau normal ihre Löhne bezahlte und nach Vorlage ihres Steuerberaters sogar vier Millionen Mark investierte, zahlte Grunau die Miete nicht. Das Land Bremen verzichtete auf 1,735 Millionen Mieteinnahmen mit der Begründung, Grunau habe nicht zahlen können.

Auch sowas wird aus WAP-Mitteln ersetzt. Morgen tagen die Wirtschaftsförderungs-Ausschüsse und bekommen höchst vertraulich ein dickes Papier mit Alternativen für das AG-Weser-Gelände vorgelegt. Eine sieht so aus: Abreißen, was in den letzten zehn Jahren gefördert wurde. Abrißkosten: 14 Millionen . K.W. K.W.

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