Nein zum Wahnsinn auf Stelzen

Das rot-grüne 100-Tage-Programm der Grünen: Atomausstieg und Selbstverpflichtung zum Klimaschutz, Verkehrswende mit flächendeckendem Tempolimit und Verzicht auf Transrapid  ■ Aus Bonn Hans Monath

Der SPD-„Troika“ hat gestern eine bündnisgrüne „Quinta“ Forderungen für ein gemeinsames Regierungsbündnis in Bonn präsentiert. Zwölf Tage vor der Wahl stellten Joschka Fischer, Geschäftsführerin Heide Rühle, VorstandssprecherIn Marianne Birthler und Ludger Volmer sowie die hessische Spitzenkandidatin Antje Vollmer gestern in Bonn Eckpunkte für die ersten 100 Tage Rot-Grün vor. Der „Plan zum ökologischen Umbau der Industriegesellschaft Deutschland“ (Fischer) markiert deutlich die Differenz zum Wunschpartner SPD. Den Status von „Knackpunkten“ wollten die Bündnisgrünen den Elementen ihres Katalogs allerdings nicht zuschreiben.

Einer möglichen Ampelkoalition mit der FDP erteilte Fischer eine Absage. Nur in der Koalition mit der SPD, so sagte er, sei die angestrebte „soziale und ökologische Erneuerung“ machbar. Das am vergangenen Freitag vorgestellte 100-Tage-Programm der Sozialdemokraten nannte Fischer ein „Dokument des vorauseilenden großkoalitionären Klimas“. Der ökologische Umbau werde darin nicht einmal thematisiert.

Die Bündnisgrünen wollen dagegen im Falle einer Regierungsbeteiligung sofort ein Atomausstiegsgesetz verabschieden. Weiter wollen sie laut Fischer die Bundesweisung zurücknehmen, mit deren Hilfe Bonn die Sicherheitsbedenken der Länder gegenüber AKWs beiseite wischen kann. Durch Eingriffe in die Stromwirtschaft soll verhindert werden, daß neue Wiederaufbereitungsverträge mit dem Ausland geschlossen werden. Den Einstieg in regenerative Energiequellen sollen schließlich das „100.000-Dächer-Programm“ zur Nutzung der Solarenergie und die Verabschiedung einer Wärmenutzungsverordnung ermöglichen.

Die „Verkehrswende“ einleiten wollen die Grünen mit einem weiteren Maßnahmenbündel. Es umfaßt die flächendeckende Einführung eines Tempolimits, die Verabschiedung einer Sommersmogverordnung sowie die Umschichtung von 30 Milliarden Mark, die im Bundesetat für Straßenbau vorgesehen sind, zugunsten des Bahnausbaus und des öffentlichen Nahverkehrs. Der von Waigel in den Bundestag eingebrachte Haushalt werde zurückgenommen, kündigte Fischer an.

Die Planungen für den Transrapid wollen die potentiellen Juniorpartner einer SPD-geführten Bundesregierung sofort stoppen. Außerdem solle die Bundesregierung eine bindende Selbstverpflichtung abgeben, wonach der Kohlendioxid-Ausstoß bis zum Jahr 2000 um 25 Prozent gesenkt wird.

Vorstandssprecher Ludger Volmer kündigte an, seine Partei werde in möglichen Koalitionsgesprächen mit der SPD über „die volle Breite unseres Mannheimer Programms“ verhandeln. Einzelne Punkte des grünen 100-Tage-Programms könnten nicht als Bedingung einer Koalition angesehen werden. Vielmehr komme es darauf an, „daß die Richtungsentscheidung stimmt“.

Vorstandssprecherin Marianne Birthler appellierte an liberale WählerInnen, ihre Stimme diesmal den Grünen zu geben. Linksliberale Programmpunkte wie Bürgerrechte, Menschenrechte sowie Schutz von Minderheiten seien bei den Liberalen nicht mehr vertreten.

Die Intellektuellen zur Zusammenarbeit mit einer neuen, rot- grünen Regierung gewinnen will Antje Vollmer, Spitzenkandidatin in Hessen.

Es sei ihrer Partei außerordentlich wichtig, „daß eine rot-grüne Republik auch eine intellektuelle Wende macht“, sagte sie. So müßten an den Universitäten die Voraussetzungen für eine „ökologisch- technologische Gründerphase“ geschaffen werden.