: Brasilien entscheidet im ersten Wahlgang
■ Cardoso wird neuer Präsident
Rio de Janeiro (taz) – Die Brasilianer wußten, was sie wollten: Laut jüngsten Meinungsumfragen stimmten 47 Prozent der Bevölkerung für den Akademiker Fernando Henrique Cardoso. Damit sind die Präsidentschaftswahlen in Brasilien bereits im ersten Wahlgang entschieden.
„Absolut, ja geradzu erschreckend normal.“ So beschreibt Brasiliens oberster Wahlrichter Sepulveda Pertence den Wahlmarathon am vergangenen Montag, bei dem rund hundert Millionen wahlberechtigte Brasilianer ihre Stimmen für ein neues Staatsoberhaupt, 27 Gouverneure und Länderparlamente, 513 Volksvertreter sowie 81 Senatoren abgeben sollten. Keine Schlägereien, kein Wahlbetrug im großen Stil.
Cardoso, Kandidat einer großen Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen, bescherte seinem Konkurrenten Luis Ignacio „Lula“ da Silva eine verheerende Niederlage. „Wir haben gemacht, was wir konnten“, kommentierte Lula enttäuscht den Wahlausgang. Der Gewerkschaftsführer hatte bis zur letzten Sekunde auf eine Stichwahl mit dem 63jährigen Soziologieprofessor gehofft. Doch die jüngsten Prognosen geben Lula nicht mehr als ein Viertel der Stimmen. Mit dem endgültigen Wahlergebnis wird erst in fünf Tagen gerechnet.
Eine Beteiligung der unterlegenen Arbeiterpartei an der Regierung ist dennoch nicht vollständig ausgeschlossen. Sollte die Neuwahl des brasilianischen Kongresses zur Stärkung der politischen Linken führen, wie es die Meinungsforschungsinstitute prognostizieren, wäre Cardoso zu Konzessionen gezwungen.
„Fernando Henrique und Lula sollten zusammenarbeiten, weil sie die Probleme des Landes kennen und immer auf der richtigen Seite standen“, erklärte Kardinal Evaristo Arns. Der Erzbischof von São Paulo erklärte sich bereit, bei den Verhandlungen zu vermitteln. Astrid Prange
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen