■ Das Portrait
: Diane Abbott

Labour-Aufsteigerin Foto: Reuter

„Wenn Tony Blair ein bißchen Vernunft hat“, warnte der britische Labour-Linke Ken Livingstone seinen Parteichef am Dienstag, „dann wird er einsehen, daß Labour nach wie vor eine radikale Minderheit in ihren Reihen hat, die er nicht ignorieren kann.“ Livingstone freute sich über die sensationelle Wahl von Dennis Skinner und Diane Abbott in den Nationalen Exekutiv-Ausschuß, das höchste Gremium der Labour Party. Erst im vergangenen Jahr waren sämtliche Linken abgewählt worden.

Es war die erste Vorstandswahl nach Abschaffung des Blockstimmrechts für Gewerkschaften. Diesmal hatte jedes Parteimitglied eine Stimme, doch nur 40 Prozent machten Gebrauch davon. Während Skinner bei der Wahl an fünfter Stelle lag, wurde Abbott aufgrund der Vorschrift gewählt, daß mindestens zwei Frauen im Vorstand sitzen müssen. Dadurch verdrängte sie Livingstone, der es jedoch gelassen nahm, das „erste Opfer positiver Diskriminierung“ zu sein.

Abbott sagte, ihre Wahl sei eine klare Absage an die Versuche des Schattenkabinetts, den Vorstand zu dominieren. Zwar stellen die Linken im Vorstand nur eine verschwindend kleine Minderheit, doch hatte vorher niemand mit ihrer Wiederauferstehung gerechnet – schon gar nicht Tony Blair, der sich bei seiner „Modernisierung“ der Labour Party nun mit der streitbaren Abgeordneten auseinandersetzen muß.

Diane Abbott hat in der vergangenen Woche ihren 41. Geburtstag gefeiert. Sie studierte am Newnham College in Cambridge Geschichte, danach arbeitete sie für verschiedene lokale Fernsehsender. Sie ist 1971 in die Labour Party eingetreten und war von 1982 bis 1986 Stadträtin im Londoner Bezirk Westminster. 1987 war sie für den Ostlondoner Wahlkreis Hackney-Nord und Stoke Newington ins Unterhaus gewählt worden und ist noch heute die einzige schwarze Labour-Abgeordnete. Abbott ist Mitglied in der „Campaign Group“, in der sich der linke Labour- Flügel zusammengeschlossen hat.

Skinner und Abbott boykottierten das traditionelle Besäufnis nach der Wahl, weil die Getränke von Marconi gestiftet worden waren. In den Augen der „Campaign Group“ ist das „Blutgeld“, weil der Elektronikkonzern Marconi weltweit in Rüstungsgeschäfte verwickelt ist. Ralf Sotscheck