Ja aber

■ Betr.: "Kein Weg für Willy in Alsterdorf?", taz vom 22.9.94

Ja, aber

Eine Namensänderung des Nord(ost)-Teils der kilometerlangen Alsterdorfer Straße ist verkehrstechnisch notwendig. Ursprünglich waren die beiden um ca. 100 m parallel verschobenen Teile der Straße durch eine lange S-Kurve miteinander verbunden. Diese S-Kurve verschwand in den letzten Jahrzehnten vollständig durch Begradigungen und Erweiterungen der quer zur Alsterdorfer Straße verlaufenden Hindenburgstraße. Der ursprüngliche Verlauf der Alsterdorfer Straße ist nur noch in einem Taxen-Parkplatz vor dem alten Restaurant neben der Martin-Luther-Kirche und in dem herrlichen alten Baumbestand der großen Verkehrsinsel Hindenburgstraße erkennbar.

Die Schaffung der grünen Verkehrsinsel war städtebaulich sicher vorbildlich; sie führte aber zu einer vollständigen Trennung des größeren Süd(west)-Teils vom kleineren Nord(ost)-Abschnitt der Alsterdorfer Straße. Wer heute vom südwestlichen Teil der Alsterdorfer Straße in den nordöstlichen gelangen will, muß – größtenteils quer zum Straßenverlauf – rund 150 m durch die Hindenburgstraße fahren - vorbei an der verkehrsberuhigten Einbahnstraße Heilholtkamp, die von Ortsunkundigen im Verkehrs-Streß oft für die Fortsetzung der Alsterdorfer Straße gehalten wird.

Tatsächlich ist aber der Nord(ost)-Teil der Alsterdorfer Straße die direkte Fortsetzung der Bebelallee mit ihren Villen und Konsulaten. Es liegt doch nahe, den Hitler-Widersacher der ersten Stunde, den Ex-Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger mit der Benennung einer Straße zu ehren, die mit derjenigen, die den Namen des Gründers seiner Partei trägt, einen fortlaufenden Straßenzug bildet. Gerade eine Namensänderung würde Ortsfremden die Orientierung in Alsterdorf erleichtern. Wer's nicht glauben will, sollte sich die verkehrstechnischen „Sachzwänge“ zu Füßen der Martin-Luther-Kirche mal mit eigenen Augen ansehen.

Würde man jetzt nicht hier in Alsterdorf die Gelegenheit zur Ehrung Willy Brandts wahrnehmen, müßte man den dafür vorgesehenen Straßenzug früher oder später Bebelallee nennen. Dafür wäre dieselbe Anzahl neuer Straßenschilder und Hausnummern erforderlich. Man sollte allerdings den Anwohnern und anderen Beteiligten mindestens ein volles Kalenderjahr Zeit für die Umstellung lassen. Das würde bedeuten: Willy-Brandt-Allee, ja! Aber nicht vor Januar 1996.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Joachim Zickert