„Wir Schüler machen eben was“

■ Aktionstag „Freundschaft macht Schule“ gegen Ausländerhaß Von Philipp Müller

Sie stehen im kleinen Kreis vor dem Zaun ihrer Schule, etwas abseits. Fünf Jugendliche um die fünfzehn Jahre alt, deren Hautfarben in allen Brauntönen changieren. Zehn weiße Augen blicken sich erschreckt um, als sie die Frage hören: „Warum steht ihr hier so abseits?“, ihr, die Ausländer, die ihr in diese deutsche Schule geht, schwingt in der Stimme mit. „Wir dürfen drinnen nicht rauchen, da gehen wir halt auf die Straße“ antwortet Kemal trocken.

In den Schulen spielt Ausländerfeindlichkeit nach Aussage Hamburger Schulleiter „praktisch keine Rolle“, und trotzdem haben Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen für heute etwas organisiert, was alle Lehrpläne außer Kraft setzt: Zu „Freundschaft macht Schule“ sind alle Klassen aufgerufen, einen Aktionsvormittag zum Thema Diskriminierung, Haß und Gewalt zu veranstalten. Nachmittags können alle Hamburger an der großen Zentralveranstaltung auf dem Rathausplatz mit Musik, Diskussion und Sport teilnehmen (siehe Kasten).

Der Schulleiter des Gymnasiums Allee-Altona, Ulrich Mumm: „An dieser Schule gibt es praktisch keine Ausländer mehr, sondern nur noch Altonaer. 95 Prozent unserer Schüler sind hier geboren.“ Auch in der Thadenstraße, einer Schule mit 50 Prozent AusländerInnen, sieht der Schulleiter keine Fremdenfeindlichkeit: „Das Zusammenleben funktioniert wunderbar, wir leben die Freundschaft mit den ausländischen Mitschülern jeden Tag“, erklärt Harald Klein wie selbstverständlich.

Trotzdem habe dieser Tag seine Berechtigung: „Wir wollen unsere Erfahrungen nach außen tragen und das Bewußtsein der Bevölkerung für die Problematik schärfen.“ Harald Klein ist besonders stolz darauf, daß seine Schule ein eigenes Lied auf der Abschlußkundgebung vortragen wird: „Freundschaft muß das Ziel stets sein, dann ist niemand mehr allein“ werden einige Klassen der Grundschule singen.

Alltägliche Nicklichkeiten auf Schulhöfen, meint Kemal von der Bruno Tesch Gesamtschule, hätten keine rassistischen Motive. Es sei „völlig egal, wen ich anrempel. Das kriege ich von allen genauso zurück“. Mit seiner Herkunft hätten die Reaktionen nichts zu tun: „Das wäre doch unnormal, wenn die mich in Ruhe lassen würden, nur weil ich Türke bin.“, beschreibt er die positive Diskriminierung.

Die meisten SchülerInnnen reagieren mittlerweile sehr sensibel auf das Thema. Seit den Attentaten von Mölln und Solingen wurde Ausländerfeindlichkeit oft im Unterricht behandelt, so daß für sie der Aktionstag nichts Aufregendes mehr ist. „Wir machen eben was“, sagt Kemal und weist damit den Weg zur Selbstverständlichkeit.