■ Urdrüs wahre Kolumne
: Knopf im Schlitzohr

Bremen schämt sich, weiß BILD. Und hat natürlich damit den Nagel auf den Hohlkopf getroffen. In der Tat ist die politische Kultur einer Stadt auf den Schäferhund gekommen, wenn die Dorfalkalden für drei Tage die Grundrechte ausser Kraft setzen, um den Staatsakt programmgemäß vollziehen zu können. Daß aber danach noch die Öko-Glatze vom Turm der Herrschaft herabsteigen darf, um in der kleineren Heimatzeitung einen Gastkommentar abzusondern, statt von kritisch-hartherzigen Journalistinnen auf das Dreisteste befragt zu werden – das hat nun schon umwerfenden Charme...

BördiBördiVogts gibt am Dienstag dieser Woche der WELT ein Interview und fordert von der NATIONALELF: „Wir müssen deutsch spielen, mit allen Stärken, die der Deutsche hat...Die Brasilianer spielen in der Raumdeckung, das können wir nicht. Der Deutsche braucht vom Charakter her seine feste Aufgabe.“ Ob der Bundestrainer weiß, daß Manndeckung selten oder nie Früchte trägt?

Zwei mutmaßliche Schulschwänzer– so um die neun Jahre bummeln samt Tornister gegen zehn Uhr über den Domshof und lesen schließlich laut den Aushang eines Schlachtermeisters: „Der leckere Knipp ist da!“ Skandieren diesen schlichten Satz mehrmals in wechselnden Rhythmen, um ihn dann a capella-mäßig im Chor zu singen. Eine Obsthändlerin von gegenüber drückt den Kurzen daraufhin zwei Bananen in die Hand mit der Aufforderung, nun doch auch mal für sie ein nettes Liedchen zu singen. „Wir machen keine Werbung, Werbung macht dumm“ erklären daraufhin die moralisch hochstehenden Kids und nehmen die Bananen erst an, nachdem die Geberin ihnen versichert, keinen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung zu nehmen. Und dann legen die beiden los: „Holsten, Holsten, es ist Holsten-Zeit!“ In Sachen Geschmacksbildung haben die beiden noch einiges vor sich-aber sonst gönnen wir ihnen die paar Freistunden gern...

Nun hat er uns also kollektiv in den Arsch getreten, der designierte Generalmusikdirektor Markus Stenz. Erst große Sprüche von jäher Liebe zu Bremen und dann kneifen:Pfuideibel noch eins. Da wird es aber nun Zeit, daß sich die Stadt mal um Musiker bemüht, die ihren Lokalpatriotismus schon unter Beweis gestellt haben. Mit Klaus & Klaus etwa könnte man ein völlig neues Publikum erschließen und das bißchen Armgefuchtel können doch James Last oder Herbert Plümecke vom Bremer Unterhaltungsorchester übernehmen: Ein guter Gaul trabt unter jedes Kutschers Peitsche!

Bananenonkel Bernd Artin Wessels sieht in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Bananen-Marktordnung nicht nur einen Angriff auf das gesamtdeutsche Verfassungsgut Chiquita, sondern auch einen „Sieg für Kontrolle, Planwirtschaft und Protektionismus“. Eine Niederlage für die Freiheit, weiß dieser Kämpfer für das Menschenrecht auf billiges Fruchtfleisch und will nun die Fruchtimporteure zu Schadensersatzklagen inspirieren. Die Ethik der Wertkonservativen ist durchaus in Groschen und Pfennigen auf den Begriff zu bringen...

An der Haltestelle am Dobben hing am gestrigen Morgen ein handgeschriebener Zettel mit diesem Satz: „Suche Begleitung für F.D.P.-Wahlparty. Möchte nicht gern allein da sein.“ Anschrift oder Telefonnummer fehlt natürlich – wohl keine Hoffnung, daß sich jemandet meldet! Oder pure Häme?

Ulrich Reineking-Drügemöller