Weitere Versicherungsfragen Von Klaudia Brunst

Wir wurden auf den Schaden aufmerksam, weil wir plötzlich nichts mehr sahen. Der Fernseher gab nur noch ein eisgraues Flimmern und Rauschen von sich. Die Satellitenschüssel hatte sich, wie wir mit einem Blick aus der Dachluke feststellten, am Tag der Einheit um 12.34 Uhr verabschiedet.

Daß wir den Dieb noch mit unserem Empfangsgerät unter dem Arm über die Dächer hüpfen sahen, half uns wenig. Für den Bereichsleiter der Polizeiwache 5, bei dem wir den Vorfall umgehend meldeten, war die Sache sofort klar: Das sei eindeutig „Diebstahl von Unbekannt“, erklärte er uns und nahm unsere Täterbeschreibung engagiert zu Protokoll.

Diebstahl sei das „bestenfalls im kriminaltechnischen Sinne“, meinte dagegen der freundliche Herr von der Versicherung, da hätten wir wenig Chancen. Denn der Besitzer einer Hausratsversicherung sei zwar gegen Diebstahl versichert, diebstahlversichert im versicherungsrechtlichen Sinne seien aber ausschließlich Gegenstände, die sich innerhalb einer abgeschlossenen Wohnung befänden. Und das sei beim sachdienlichen Gebrauch einer Satellitenanlage eben leider nicht der Fall. „Und warum steht in meinem Vertrag, daß sich die Versicherung auch auf Antennen und Markisen (!!!) erstreckt?“ hielt ich ihm entgegen. „Sachdienlicherweise hängen Markisen doch auch nicht in, sondern vor der Wohnung. So wie Satellitenanlagen eben auch auf und nicht unter dem Dach hängen!“

„Nun, Frau Brunst“, wurde der Mann jetzt widerlich pädagogisch, „wenn Sie die Vertragsbedingungen ihres ,Junge-Leute‘-Programms aufmerksam studiert haben, werden Sie wissen, daß das allgemeine Versicherungsrecht drei Haftungsfälle kennt: Erstens den ,Diebstahl‘, also die Entwendung eines versicherten Gutes aus einem abgeschlossenen Raum. Zweitens den ,Raub‘, also die unter Androhung von körperlicher Gewalt erzwungene Herausgabe eines versicherten Gutes, und drittens den sogenannten ,Sturmschaden‘“. Und eine Markise werde eben nicht gestohlen oder geraubt. Markisen werden weggeweht.

„Sie wollen damit also sagen“, versuchte ich seiner wirren Argumentation zu folgen, „daß meine Satellitenanlage zwar prinzipiell durch Ihre Versicherung abgesichert ist, daß Sie aber nur in folgenden Fällen zahlungswillig sind: wenn ich das Gerät a) auf dem Dach abschließbar einmauern ließe oder ich b) während eines Spazierganges auf dem Dachfirst durch einen mir fremden Dritten unter Androhung von Gewalt dazu gezwungen würde, die Satellitenempfangsanlage abzumontieren und dem Räuber auszuhändigen?“ Ja, meinte er anerkennend, so könne man die Rechtslage durchaus zusammenfassen.

Allerdings hätte ich jetzt schon wieder den Sturmschaden außer acht gelassen. Nun endlich schaltete ich, der Mann wollte mir offenbar eine Brücke bauen. „Und wenn mir die Satellitenanlage gestern einfach weggeweht wäre?“ säuselte ich in den Telefonhörer. „Ganz so, wie sich ja häufig bei nur geringen Windstärken ganze Markisen plötzlich aus ihrer Verankerung lösen und auf Nimmerwiedersehen davonfliegen?“

„Wollnse mich jetzt verarschen?“ wurde der Mann am anderen Ende plötzlich pampig. „Haben Sie etwa schon mal 'ne fliegende Markise gesehen?“