■ Hausrat als Streitobjekt zwischen Eheleuten in Trennung
: Faustkampf im Rosenkrieg

Göttingen (taz) – Szenen nicht nur aus einer, sondern rund 150.000 deutschen Ehen, die jedes Jahr geschieden werden: Aus Zorn über die gescheiterte Beziehung räumt der ausziehende Partner die ehemals gemeinsame Wohnung bis auf den letzten Blumenuntersetzer leer. Oder: der Zurückbleibende läßt, kaum daß der Gatte mit fliegenden Fahnen das eheliche Schlachtfeld geräumt hat, die Türschlösser wechseln und den anderen ohne ein einziges Möbelstück im Regen stehen.

Wie die gemeinsamen Güter aufzuteilen sind, wird in der Regel in einem gerichtlichen Hausratsteilungsverfahren entschieden. Oft dauert es allerdings einige Monate, bis dafür ein Termin angesetzt ist. Über die oft nervenaufreibende Zeitspanne zwischen dem Auszug eines Partners und dem klärenden Gerichtsverfahren, das hat der Göttinger Referendar Christian Kobusch in seiner jetzt vorgelegten Dissertation mit dem Titel „Der Hausrat als Streitobjekt zwischen getrennt lebenden Ehegatten“ herausgefunden, liegt dichter juristischer Nebel. Zur vorübergehenden Regelung der Verfügungsgewalt über Mobiliar, Lampen und Bilder können, nach Recherchen des Autors, einander vollkommen widersprechende Paragraphen zum Einsatz kommen, die „im Extremfall zu skurrilen Ergebnissen führen können“.

So besagt einerseits das Besitzschutzrecht aus Paragraph 861 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), daß eigenmächtig entwendete Güter grundsätzlich dem Besitzer zurückgebracht werden müssen. Unter Berufung auf diese Regelung entschied im Jahr 1978 ein niedersächsisches Amtsgericht, daß der ausgezogene Ehegatte „bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes oder einer Ordnungshaft angehalten ist, sämtliche aus der Wohnung entfernten Hausratsgegenstände binnen drei Tagen zurückzuschaffen und es zu unterlassen, weitere zu entfernen“.

Nach einem heftigen Krach hatte der Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebes seine zwölfjährige eheliche Beziehung wutschnaubend für beendet erklärt, einen Möbelwagen kommen lassen und alles abtransportieren lassen, was nicht wirklich niet- und nagelfest war.

Andere Richter ziehen bei ihrer Entscheidungsfindung den BGB- Paragraphen 1361a heran, der sogenannte „Restsolidarpflichten“ zwischen den Ehegatten festschreibt. Danach soll für beide Getrenntlebende eine Mindestausstattung gewährleistet sein. So wies ein Düsseldorfer Familiengericht 1982 die Klage einer Ehefrau gegen ihren Noch-Gatten auf Rückgabe entwendeten Hausrats mit dem Verweis auf eben diese Restsolidarpflichten ab. Der Mann hatte den größten Teil des Mobiliars und der übrigen Wohnungseinrichtung bei seinem Auszug ungefragt, in diesem Fall aber tatsächlich „zu Recht“, mitgehen lassen.

Für Christian Kobusch sind beide Gesetzesinterpretationen mit erheblichen Schwächen behaftet. Er plädiert in seiner Arbeit deshalb für einen Kompromiß. Den streitenden Parteien soll bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung jeweils die zur Führung eines Haushaltes notwendige Mindestausstattung zugestanden werden. „Daß der Ausziehende sein Bett und seinen Schreibtisch mitnimmt“, müsse sich der in der Wohnung zurückbleibende Partner gefallen lassen. Alle anderen Güter, darunter die nicht zuletzt wegen ihres oft emotionalen Wertes erbittert umkämpften Luxusgegenstände, sollten zunächst in der Wohnung verbleiben.

Der Fachbereich Jura der Göttinger Universität ist von dieser Idee hellauf begeistert und hat Kobuschs Vorschlag bereits als die „gerechteste Lösung der Kontroverse“ bewertet. Reimar Paul