Ich bin der Einzige!

■ Harald Juhnke torkelt zwischen den Genres zielstrebig nach oben / Heute abend in der Glocke

Andere treten mit 65 in den Ruhestand, Harald Juhnke tritt auf die Bühne wie nie. Nach den Erfolgen im „Papagei“ und „Schtonk“ will die trockene Berliner Pflanze zukünftig mehr in Charakterrollen machen. Aber heute zeigt der „letzte Komödiant nach Rühmann“ noch mal, was es heißt, Deutschlands Entertainer Nummer 1 zu sein.

taz: Als Sie einmal als Deutschlands Entertainer Nummer eins bezeichnet wurden, reagierten Sie mit dem Satz –Unter den Blinden ist der Einäugige König'. Wen lassen Sie als Entertainer neben sich bestehen?

Harald Juhnke: Diese Spezies existiert in Deutschland ja noch nicht lange. Es gab Peter Alexander und mich, aber in der klassischen Art bin ich eigentlich der einzige. Für mich war der klassische große Entertainer Sammy Davis junior, außerdem Dean Martin, Frank Sinatra, Liza Minelli.

Was zeichnet einen guten Entertainer aus?

Der muß erstmal eine große Persönlichkeit sein. Er muß auch ein guter Schauspieler sein, muß sich verwandeln können, und er muß so locker und unnervös sein, daß er, wenn irgendwas passiert, das überspielen kann. Bei meinem Start für diese Tournee in Berlin vor 5000 Leuten im ICC fiel zum Beispiel mein Mikrophon aus. Manche verlieren da ihr Konzept, daraus muß man aber was machen können.

Sie wollten eigentlich nach 92 keine Live-Auftritte mehr machen.

Ja, nur war diese Tournee schon fest geplant. Aber damit ist dann Schluß, ich komme einfach nicht mehr dazu. Mein Programm für die nächsten zwei Jahre ist voll, allein als Schauspieler auf der Bühne: Ich spiele den Hauptmann von Köpenick, von Fallada den Trinker, ich spiele in einem sechteiligen Krimi, ich spiele den Frosch in der Fledermaus. Durchgehend ist mit mir was los, ich ab gar keine Zeit mehr, und deswegen hab ich gesagt: Eine Show im Jahr mach ich noch fürs Fernsehen, aber ich gehe nicht mehr über die Dörfer.

Sie haben nach Ihrem Bambi für Dietls Film Schtonk gesagt, daß sie mehr Charakterrollen spielen wollen.

Ja. Mich haben nach Rühmanns Tod jetzt viele Leute angerufen und gesagt: Herr Juhnke, Sie sind jetzt der letzte große deutsche Komödiant. Ich werde sicher beim Hauptmann von Köpenick oft an ihn denken müssen, obwohl wir ja immer unterschiedlich waren. Rühmann war unverwechselbar, und wer ihn nachgemacht hat, war schlecht. Bei mir steht jedenfalls jetzt der Schauspieler im Vordergrund, und vor allem die Charakterrollen. Die Thalbach macht mit mir den Hauptmann im Theater, und sie macht auch mit mir den Richard III.

Eins Ihrer Lieder heißt: –Ich werde nie erwachsen sein–. Was Sie jetzt sagen, klingt so ganz anders. Der Text trifft wohl nicht mehr richtig zu?

Nicht mehr so ganz.

Ein anderes Lied heißt –Mich haut kein Rum wirklich um.– Das wird in Ihrem eigenen Pressematerial extra erwähnt, warum eigentlich?

Um damit Schluß zu machen, um den anderen nicht einen Vorwand zu geben, dauernd darüber zu reden. Wenn ich mal irgendwo sitze und ein Glas Bier oder einen Schnaps trinke, geht das niemanden mehr was an. Es kümmert sich auch komischerweise niemand mehr darum, es sei denn, ich lasse, was früher passiert ist, eine Vorstellung ausfallen.

Ich habe den Eindruck, daß Sie mit dem Alkoholproblem ein bißchen kokettieren?

Natürlich.

Wollen Sie die Krankeit als Waffe benutzen?

Kann man schon sagen. Man muß sie ja irgendwie wegdrücken, sonst hätte ich mich ja gar nicht auf die Bühne getraut in gewissen Jahren.

In letzter Zeit beziehen Sie immer häufiger politische Positionen. Sie haben beispielsweise gesagt, Sie können Schönhuber nicht leiden.

Ja, das ist ein Verbrecher.

Bei den Dreharbeiten zum „Papagei“, in dem Sie quasi eine Schönhuber-Rolle spielen, wollten zufällig vorbeikommende Passanten Ihrer Partei beitreten. Sie haben dann gesagt, so einer wie Harald Juhnke ist gefährlich.

Ja, denn mit meiner Begabung könnte ich, ohne etwas von Politik zu verstehen, Leute mobilisieren. Das ist das Gefährliche. Wir brauchen keine Schauspieler als Politiker, wir brauchen ausgebuffte gescheite wirtschaftskenntliche Menschen.

Haben wir die?

Ich bin ja ein Stolpe-Mann, und ich hätte lieber den Schröder als Scharping gesehen, aber nun warten wir mal ab.

Was kann Ihr Bremer Publikum am Samstag erwarten?

Zwei Stunden totale Unterhaltung, von der absoluten Klamotte bis zum Shakespeare.

Fragen: Dora Hartmann