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GdP-Chef kaltgestellt

■ Polizeigewerkschaft läßt Geschäfte des Vorsitzenden Marken wegen dessen Kritik an der Polizeitaktik ruhen / Nachwehen des dritten Oktober

Die Nachwehen des Nationalfeiertags sind noch lange nicht ausgestanden: Die Frauenprojekte, die wegen ihrer Unterschrift unter dem Demoaufruf die Streichung der öffentlichen Mittel befürchten müssen, haben in einer Erklärung jede Verantwortung für die gewalttätigen Ausschreitungen am vergangenen Montag weit von sich gewiesen (s. Dokumentation). Die GesamtschülerInnenvertretung, die auch aufdem Flugblatt gestanden hatte, hat erklärt, sie habe nie irgendeinen Aufruf zum 3.10. unterzeichnet. Die Innendeputation lag sich gestern mehr als zweieinhalb Stunden über die Folgen der Krawalle in den Haaren – noch ohne größere Beschlüsse. Die Stimmung zwischen Polizei und Innenressort ist auf dem Nullpunkt. Und in der Polizei brodelt es. Der Vorstand der Bremer Polizeigewerkschaft hat den GdP-Landeschef Albert Marken bis auf weiteres kaltgestellt.

Der Reihe nach: Die GesamtschülerInnenvertretung war ziemlich erstaunt, sich auch unter dem Flugblatt wiederzufinden, das den Frauenprojekten nun die großen Scherereien bereitet. Dabei hatte die GSV gar nicht zur Demo aufgerufen, "weil es eine notwendige Abgrenzung zur Gewalt seitens des Bündnisses nicht im erforderlichen Ausmaße gegeben hatte“, wie sie gestern in einer Erklärung versicherte. „Das stimmt, die haben gar nicht unterschrieben“, bestätigte ein Sprecher des Bündnisses gestern – und erteilte gleich den anderen Organisationen unter dem Flugblatt die Generalabsolution. Die hätten nämlich gar nichts mit dem umstrittenen Text zu tun. „Der Text ist schon ein bißchen verbalradikal.“ Deshalb sei der nur mit einer kleinen Gruppe formuliert worden, „um uns die Diskussion zu ersparen“. Wer dabeiwar, „das sag ich nicht, wo doch jetzt alle kriminalisiert werden wollen“. Am Ende des Textes habe man dann auf dem Flugblatt einen Strich gemacht und alle AufruferInnen zur Demo aufgelistet. Motto: Wer zur Demo aufruft steht zwar auf dem Flugblatt, hat aber mit dem Text nichts zu tun.

Unterdessen hat sich die Innendeputation mit den Krawallen beschäftigt. Noch sind einige Fragen zum Ablauf des Tages offen, weil der Polizeipräsident noch nicht alle Berichte der Einsatzleiter vorliegen hat. Allerdings wurde deutlich, wie vergiftet das Klima zwischen Polizei und Politik mittlerweilke ist. Nach der heftigen öffentlichen Kritik an der Polizei fühlt die sich von der Spitze des Innenressorts und den verantwortlichen PolitikerInnen alleingelassen.

Aber auch innerhalb der Polizei gehen die Wogen immer noch hoch. Die eilig formulierte Fernkritik des GdP-Chefs Lutz an der Polizeitaktik stößt innerhalb der Polizei auf ebenso heftige Ablehnung, und der Bremer GdP-Chef Marken hat sich mit seinen Vorwürfen an die Polizeiführung auch innerhalb der eigenen Organisation alles andere als Freunde gemacht. Marken hatte in der Bild-Zeitung die Polizeitaktik pauschal verurteilt, so pauschal, daß ihn dre GdP-Landesvorstand vorerst seines Amtes enthob. Markens Amt ruht, am Montag hat sich der GdP-Bundesvorsitzende Lutz in Bremen angesagt.

J.G.

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