Diebstahl im Polizeigewahrsam

■ 2.400 Mark aus dem Tresor des Abschiebeknastes verschwunden / Gibt es weitere Fälle?

Bremens Abschiebeknast in der Ostertorwache ist ein sicherer Ort – zumindest was die Gefangenhaltung der Abschiebekandidaten angeht. Weit weniger sicher ist dort aber offenbar der persönliche Besitz der Häftlinge. So sind dem algerischen Flüchtling Abdelhamid B. 2.400 Mark gestohlen worden, die ihm bei seiner Festnahme abgenommen und im Tresor der Ostertorwache eingeschlossen worden waren. Und dieser inzwischen von Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigte Diebstahl scheint kein Einzelfall gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft prüft zur Zeit, ob sie weitere Ermittlungsverfahren einleitet.

1.900 Mark und 1.550 französische Francs hatte Abdelhamid B. dabei, als er am 10.8. in Abschiebehaft genommen wurde. Das Geld wurde im Tresor der Ostertorwache deponiert und ordentlich quittiert. Als sich B. fünf Tage später Zigaretten kaufen wollte und um einen Teil seiner Barschaft bat, stellte der diensthabende Polizist fest, daß das gesamte Geld nicht mehr im Tresor lag.

Die Staatsanwaltschaft forderte daraufhin schriftliche Erklärungen aller sieben Beamten, die in der Zeit zwischen dem 10. und 15.8. Zugang zu dem Tresor-Schlüssel hatten. Der lag nämlich in einer unverschlossenen Schublade des Wachtresens, der Tresor stand unbeobachtet auf dem Flur. Weil alle befragten Beamten den Diebstahl abstritten und andere Personen nach Auskunft des Gefängnisleiters als Täter auszuschließen seien, stellte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen wenig später ein. Das verschwundene Geld des Algeriers werde nun die Staatskasse ersetzen, versicherte Oberstaatsanwalt Hans-Georg von Bock und Polach gestern.

Besonders gründlich ist die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen im Abschiebeknast allerdings nicht vorgegangen. So wurde kein einziger der in Verdacht geratenen Beamten persönlich vernommen. Und dann gab es da noch den schriftlichen Hinweis eines Wach-Polizisten, es sei seit einiger Zeit immer wieder zu Diebstählen im Abschiebeknast gekommen. „Wir prüfen jetzt, ob es tatsächlich weitere Fälle gibt“, erklärte Staatsanwalt von Bock gestern – nachdem das Ermittlungsverfahren zu Abdelhamid B.'s gestohlenem Geld bereits eingestellt war.

Diebstahls-Vorwürfe gegen Bremer Polizisten hat es in den vergangenen Jahren bereits öfter gegeben. So sollen vorübergehend Festgenommene im Brommyplatz-Revier gezwungen worden sein, Geld in ein Spendenschiffchen der Seenotrettungs-Gesellschaft zu stecken. Und im April waren zwei Streifenpolizisten in den dringenden Verdacht geraten, einen ukrainischen Händler um 39.000 Mark erleichtert zu haben. Alle Ermittlungsverfahren dazu sind allerdings inzwischen eingestellt worden, im Fall des Ukrainers jedoch unter Protest der Staatsanwaltschaft.

„Man muß mal grundsätzlich über diese Fragen reden“, meint denn auch die Sprecherin des Innensenators, Merve Pagenhardt. Geschehen soll dies in der Kommission für die Polizeireform. Die habe den Auftrag, „Verfahren für eine gründliche Innenrevision der Polizeidienststellen“ zu erarbeiten, erklärte Pagenhardt gestern. Als Sofortmaßnahme wurde der Tresor im Abschiebeknast Ostertorwache inzwischen vom unübersichtlichen Flur in den Wachraum gerückt und der Schlüssel an einem anderen Ort deponiert – allerdings weiterhin in einem unverschlossenen Schrank.

Ase