Unterm Strich

„Wenn in den fünfziger Jahren Liselotte Pulver auf der Leinwand lachte, war gute Laune im Parkett garantiert“, weiß der gewöhnlich in äußerst gut informierten Kreisen verkehrende Kollege Wolfgang Hübner von der dpa. Und so weiß er natürlich auch, daß die stets „so unnachahmlich und ansteckend“ lachende „blonde Burschikose aus Bern“ schon am kommenden Dienstag ihren 65. Geburtstag feieren wird. Warum er uns dies alles schon am Freitag wissen läßt? Wohl damit wir noch schnell ins KaDeWe springen können, um ein geeignetes Präsent zu erstehen. Ein paar schicke Pumps als Erinnerung an „Ich denke oft an Piroschka“, oder einen praktischen Bembel als Reminiszenz an „Das Wirtshaus im Spessart“?

Oder hat Herr Hübner vielleicht doch ganz andere Absichten? Hat er am Ende noch ein Hühnchen mit dem lustigen Hühnchen zu rupfen? Also bitte, Wolfgang, bei aller Kollegialität! Aber Deine Behauptung, die Pulver habe „viel mehr als die erotischen Idole Brigitte Bardot und Marilyn Monroe in die Zeit des Wirtschaftswunders und des eher hausbackenen [sic!] deutschen Films gepaßt“, ist dann aber doch zu garstig. Nein Wolfgang, das finden selbst wir, die wir ja auch gelegentlich gern garstig sind, nun wirklich nicht mehr charmant.

Zugegeben, es mußte schwer gearbeitet werden in den ersten harten Jahren, und ein, zwei herzerfrischende Kinostunden in einer harmlosen Komödie waren da sicher eine willkommene Erholung. Aber Wolfgang! Deshalb darf man der Frau, der mehrsprachigen, nicht nur mit einem Handelsschuldiplom hervorragend ausgebildeten Darstellerin, doch nach 65 harten Lebensjahren nicht so hinterhertreten. Ihr den gepunkteten Sexappeal absprechen, die Blondinenhaare vermiesen, sie allein auf ihr Lachen reduzieren! Hast Du denn in all den Jahren nie ihre Klagen an Dein dpa-Ohr, an Dein Herz, dringen lassen, jene stille Verzweiflung darüber, daß der ihr schnöde entgegenschwappende Erfolg an den Kinokassen auch eine harsche Einschränkung ihrer schauspielerischen Möglichkeiten war? Denk doch mal nach! Hätte nicht auch eine Lilo Pulver in der neu auferstandenen, demokratischen Republik ein Grundrecht auf Tragik gehabt? Oder wenigstens auf Grazie wie Lilli Palmer? Oder auf Stärke wie Brigitte Horney? Und wenn es nur ein kleiner Pfiff gewesen wäre, wie bei Grete Weiser – es hätte ihr sicher genügt.

Nein, Wolfgang. Die Filmgeschichte war – Billy Wilder hin, „Eins, zwei, drei“ her – nicht nett zu ihr. Und dann kommst Du vier Tage vor ihrem 65. Geburtstag mit diesem Text. Nein Wolfgang! Da vergeht ja selbst uns das pulvrige Lachen. So geht das nicht. Du solltest Deine Gedanken noch einmal gründlich überarbeiten. Bis Dienstag ist ja auch noch ein bißchen Zeit. Und bei der Deutschen Presseagentur schreibt man doch zügig, oder?