Skinhead-Terror in S-Bahn-Zügen

■ Mehrere Verletzte / Verriegelung verhinderte Hinauswurf

Schreckensfahrt am Samstag morgen: Gegen 1.30 Uhr zogen verschiedene Gruppen von Skinheads randalierend und grölend durch die S-Bahn-Abteile der Linie 8 und verprügelten wahllos die Fahrgäste. Dabei wurden fünf Personen verletzt. Zwischen den S-Bahnhöfen Frankfurter Allee und Schönhauser Allee wurde ein 22jähriger Mann von vier unbekannten Skinheads derart brutal zusammengeschlagen, daß er mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden mußte.

Auf der Strecke zwischen den S-Bahnhöfen Greifswalder Straße und Landsberger Allee überfiel wenig später eine Gruppe von rund 20 Randalierern zwei 17jährige, von denen einer mit mehrfachen Knochenbrüchen ebenfalls in ein Krankenhaus eingeliefert werden mußte.

Gegen 3.30 Uhr wurde ein 37jähriger Mosambikaner von einer Gruppe von etwa fünfzehn bis zwanzig Skinheads auf der Strecke zwischen Blankenburg und Karow zunächst angepöbelt, dann zusammengeschlagen und ausgeraubt. Ein Mädchen aus der Gruppe der Schläger soll nach Zeugenberichten dazu aufgefordert haben, den Überfallenen aus dem fahrenden Zug zu werfen. Das scheiterte nur daran, daß die Abteiltür während der Fahrt nicht geöffnet werden konnte. Auf der S-Bahn-Station Karow gelang es dem Mann zu fliehen.

Etwa zur gleichen Zeit mißhandelten rund 20 Skinheads auf der S-Bahn-Strecke zwischen Schönhauser Allee und Pankow einen weiteren unbekannten Mann. Nachdem sie seinen Mantel und sein Fahrrad aus dem fahrenden Zug geworfen hatten, versuchten sie, auch den Mann hinauszustoßen. Nur durch das beherzte Eingreifen einer jungen, nach Polizeiberichten 18jährigen Frau konnte dies verhindert werden.

Von den Tätern gibt es nach Auskunft der Polizei bisher noch keine Spur. Drei in der darauffolgenden Nacht bei Polizeikontrollen auf dem Gelände des S-Bahnhofs Buch festgenommene Skinheads befinden sich inzwischen wieder auf freiem Fuß. Wie ein Sprecher des Bundesgrenzschutzes gegenüber der taz erklärte, seien sie nur zur Feststellung der Personalien vorübergehend in Gewahrsam genommen worden. Gegen sie wird wegen Sachbeschädigung ermittelt. Ob und inwieweit sie mit den Überfällen in der Nacht zuvor zu tun hatten, ist noch unklar. Ein Sprecher des polizeilichen Lagedienstes der Direktion 7 sagte dazu gestern: „Es ist fraglich, ob die wegen Sachbeschädigung in Gewahrsam genommenen Jugendlichen mit den brutalen Überfällen in der S-Bahn zu tun hatten. Ich halte dies aber für eher unwahrscheinlich.“

Dieser vorläufige Höhepunkt einer Welle von Rechtsradikalen verübter Straftaten in öffentlichen Verkehrsmitteln markiert den rasanten Anstieg von Bahnkriminalität. Bis Ende August dieses Jahres registrierte der für die Sicherheit in S-Bahn- und Vorortzügen zuständige Bundesgrenzschutz 552 körperliche Angriffe auf Reisende und Bahnpersonal, 2.827 Fälle von Sachbeschädigung und 164 Raubüberfälle in den Zügen. Peter Lerch