Ganz schön alt

■ Auf dem steinigen Weg hin zum jüngeren Zuschauer plündert das ZDF nun sogar den hauseigenen Rententopf

„Kukident-Kanal“ wird das bei den Älteren TV-Usern so beliebte ZDF von der privaten Konkurrenz witzelnd genannt. Aber das soll ja nun anders werden. Beherzt stürzt sich der Sender ins Abenteuer Zukunft und verleitet die Kiddies nun mit dem „X-Base-Computer Future Club“ zum Daddeln an der Mainzelmänner-Mattscheibe. Damit soll, so hofft Intendant Dieter Stolte (60), das Zuschauerdurchschnittsalter sinken.

Auch Nina Ruge will das Ihre zur Verjüngungskur beitragen. Seit letzter Woche belebt sie das ZDF-Mitternachtsprogramm mit einer „heute“-Nachtausgabe. Und auch die Vorabendschiene gibt sich neuerdings turnschuhfreundlich: Mit der australischen Kultserie „Heartbreak High“ und dem von Sat.1 ins Öffentlich- Rechtliche zurückgekauften Mike Krüger (43), mit der Planung einer täglichen Seifenoper und der bereits angelaufenen Briefkastensoap „Das Briefgeheimnis“ will man den ergrauten „Silver Market“ (Werbertypologie) sanft aus dem Fernsehsessel kippen. In der ersten Reihe sollen künftig endlich vermehrt jüngere Zuschauer Platz nehmen – ebenjene Zielgruppe, „die für die Werbung relevant ist“, so Stolte unverblümt. Immerhin dürfen sich die Alten künftig am Sonntag auf Langfassungen der „Lustigen Musikanten“ und Silverhead Dieter Thomas Heck freuen.

Hinter der Mattscheibe sieht der Sender in Zukunft dafür täglich ganz schön alt aus. Die Mainzer Macher werden nämlich planmäßig vergreisen. So hat es gerade der ZDF-Fernsehrat in Hamburg beschlossen und verkündet. Weil dem ZDF für seine Programmplanung die Millionen fehlen, müssen jene ergrauten Mainzelmänner, die bisher ab dem 62. Lebensjahr ihre Jobs an Jüngere abtreten konnten, fortan bis zum 65. Lebensjahr ausharren. Vorher gibt's keine Rente. Und die wird dann außerdem kleiner. Der Berechnungsparameter wurde von sieben auf sechs Prozent gesenkt.

Das so eingesparte Geld ist bereits weg: Fast 292 Millionen Mark hat Stolte bis 1993 aus dem Topf der Altersversorgung genommen, um das Finanzloch des Senders zu stopfen – und noch etwas übrigzubehalten: Die Bilanz zeigt ein Plus von 69 Millionen Mark, sagt Stolte. Gleichzeitig werden aber auch zehn Prozent der Stellen, das heißt 420 Stück, gestrichen. Schlechte Aussichten für junges Blut. Bald heißt's beim ZDF wie heute schon in den Lehrerkollegien: „Unser Jüngster ist fünfzig.“ Aber wir bleiben im Herzen jung, gell? Ulla Küspert