Spiel mit dem Feuer

■ Kräftemessen käme Clinton gelegen

Die Führungsspitze des Pentagons weilte noch in Haiti, um ihre Soldaten zu „Operation Uphold Democracy“ zu begrüßen, da wurden im Weißen Haus und im Verteidigungsministerium die Landkarten der Golfregion auf die Computerschirme geholt. Den Irak hatte man in den USA schon fast vergessen, doch an diesem Wochenende brachte sich Saddam Hussein wieder in Erinnerung: US- Regierungsvertreter präsentierten am Samstag dem UN-Sicherheitsrat Luftaufnahmen von Truppenbewegungen der irakischen Armee in Richtung kuwaitische Grenze, Pentagon-Offiziere sprachen von einer „klaren Bedrohung“ des kleinen Ölstaates.

So recht will niemand in Washington glauben, daß Saddam Hussein ernsthaft eine Neuauflage des Einmarsches nach Kuwait und damit eine neue militärische Konfrontation mit den USA plant. Die Truppenkonzentrationen werden als Versuch Bagdads interpretiert, Verhandlungsmasse für die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen im Irak zu gewinnen. Bisher hat sich Washington bei allen diplomatischen Überzeugungsversuchen unnachgiebig gezeigt.

Der kalkulierte Bluff Bagdads, wenn es denn einer ist, könnte schnell zur militärischen Konfrontation eskalieren. Denn eine Demonstration der Stärke käme Bill Clinton in den USA gelegen. Seine großen innenpolitischen Reformprojekte sind im Kongreß blockiert; seiner Partei werden bei den Konreßwahlen am 8. November schwere Einbußen vorausgesagt. Auf der Popularitätsskala ist der Präsident so tief gesunken, daß sich Abgeordnete seiner eigenen Partei von ihm distanzieren. Zudem zeigt sich die Öffentlichkeit von der bislang erfolgreichen „Operation Uphold Democracy“ in Haiti kaum beeindruckt. Mit Militäroperationen zur Wiedereinsetzung eines demokratisch gewählten Präsidenten lassen sich offenbar weitaus weniger Punkte erzielen, als mit Bombenangriffen auf einen, wenn auch kleinen, Erzfeind. Diese Lektion hat Clinton schon im Juni 1993 verinnerlicht, als er in einer völkerrechtswidrigen Strafaktion nach einem angeblich im Irak ausgeheckten Attentatsplan gegen seinen Amtsvorgänger Bush Bomben auf Bagdad werfen ließ. Die Demoskopen ermittelten daraufhin einen Popularitätsanstieg für Clinton um sieben Punkte. Andrea Böhm, Washington