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Zwischen Liebe und Angst

■ Kampnagel-Gastspiel des Türkischen Theaters Hamburg

Märchen gehören zu den Erziehungsmaßnahmen, die in immer neuen Variationen die Jahrhunderte überlebt haben. Und sie besitzen – lange vor Coca Cola – topographische und zeitliche Universalität. Moral und Symbolik wurden je nach den jeweiligen Bedürfnissen der passende Mantel übergezogen. Und noch etwas haben die Märchen gemeinsam: den Anfang. „Es war einmal...“.

So beginnt auch die orientalische Hirtenerzählung Aymine und das Schuppentier, die jetzt vom Türkischen Theater Hamburg auf der Bühne erneut ins Leben gerufen wird. Es war also einmal der Nomadenboy Osman und Gül, die Rose, aus dem Nachbarstamm. Ihre verbotene Liebe ist verflucht. Deren ,Frucht', das Kind, erblickt als Ungeheuer das Licht der Welt, während die Mutter bei der Geburt dem Tod begegnet.

„Liebe“ heißt das magische Wort, das die Deutung der Sterne, des Rauchs und der Bücher orakelt, „Liebe, die Könige zu Sklaven macht und das Bittere süß“. Wie sieht aber diese Liebe aus, die das eingesperrte Schuppentier von dem Fluch befreit? Das Hirtenmädchen Aymine begegnet dem furchterregenden Menschentier ohne Angst. Die Geschichte findet in einem Fest ihr vollkommenes Happy-End.

Nicht aber die Moral steht im Vordergrund der Produktion, sondern die Überwindung von Vorurteilen und die Akzeptanz des Andersartigen. Die Inszenierung des Ensembles, das vor fünf Jahren mit Hilfe einer ABM-Stelle beim Altonaer WIR-Zentrum entstand, ist nicht pompös, sondern schlicht humorvoll und treffend. Sie lebt von der Darstellung, dem Bühnenbild und den Kostümen, aber auch von den zwei Musikern, die die Dramaturgie mit bittersüßen orientalischen Klängen untermalen.

Nikos Theodorakopulos

Ab 6 Jahre, noch bis 16.10, k1

Vorstellungen in Schulen und Kitas sind möglich. Telefonische Anfragen unter: 040/38 89 49

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