: Abschiebung in den Iran?
■ Familie bedroht / Pfarrer: „Abschiebung wäre Todesurteil“
Werden in Zukunft Flüchtlinge aus dem Iran trotz der Verfolgung, die ihnen in ihrer Heimat drohen könnte, abgeschoben? Diese Frage wirft ein aktuelles Asylverfahren auf. Saeed Jafaari lebt derzeit mit seiner Frau und seinen drei Kindern halb illegal in Bremen: Jederzeit könnte er, rein rechtlich gesehen, in Abschiebehaft genommen werden. „Ich bin bereit zu sterben. Aber bitte helfen Sie meiner Familie“, sagte er gestern zu Journalisten.
Hintergrund seiner Angst: Im Iran werden abgelehnte Asylbewerber als Personen, die vor dem Gottesregime bei den Ungläubigen im Ausland Schutz gesucht haben, verfolgt - sie gelten als Abtrünnige. Jafaari hatte als Buchhalter bei der Luftwaffe gearbeitet und war ohne Erlaubnis außer Landes gegangen. Das iranische Regime könnte das sogar als Armeeflucht auslegen.
Bei seinem Asylantrag hatte Jafarie (so schreiben die deutschen Behörden seinen Namen) erklärt, er sei als Anhänger des Schah-Regimes gegen die Herrschaft der Mullahs gewesen. Nachdem er festgenommen worden war, weil gegen ihn wegen Verstoßes gegen die iranischen religiösen Vorstellungen ermittelt wurde, sei er geflohen. Die bundesdeutschen Gerichte glaubten seiner Verfolgungs-Geschichte aber nicht und blieben skeptisch, als Jafaari schließlich in diesem Jahr eidesstattliche Erklärungen und Briefe von Verwandten vorlegte.
Bleibt als Fakt, daß Jafarie zumindest durch sein Asylverfahren hier in Bremen der iranischen Geheimpolizei bekannt geworden ist - die hat in aller Regel hervorragende Informationen über die Kritiker des Mullah-Regimes im Ausland. Auch das Verwaltungsgericht hatte eingeräumt, daß Jafaari im Iran mit „Maßnahmen der Behörden“ zu rechnen habe. Anwalt Popal beantragte deshalb nach der Ablehnung der Asylanträge die „Duldung“ des Flüchtlings.
Das bremische Ausländeramt betreibt dennoch die Abschiebung. Der Anstrag auf Duldung habe keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet: Wenn Jafaari Pech hat, wird er erst abgeschoben und dann über seine Duldung entschieden.
Inzwischen hat sich Pfarrer Jander von der Markus-Gemeinde gegenüber dem Kirchensenator Wedemeier für Jafaari eingesetzt: Auch aufgrund der Informationen eines aus dem Iran stammenden Pfarrers, so Jander, könnte die Abschiebung ein Todesurteil bedeuten - insbesondere wenn Jafaari Armeeflucht vorgeworfen werde.
Nach Aussagen des Anwaltes Popal hat sich die Politik gegenüber iranischen Flüchtlingen verändert: Vor Jahren seien alle Iraner grundsätzlich als Asylbewerber anerkannt worden. Obwohl sich die Zustände im Iran nicht verändert hätten, werde für Menschen, die nach 1988 gekommen wären, dies nicht mehr so praktiziert. Und das bremische Verwaltungsgericht hat gerade begonnen, diese Fälle „anzuarbeiten“.
Für die Senatorin für Ausländerintegration, Helga Trüpel, wird am Fall Jafaari eine „bedenkliche Lücke in der ausländerrechtlichern Praxis“ deutlich. Der Innensenator, so Trüpel, sollte sich über Bedenken des Innenministeriums hinwegsetzen und eine „individuelle humanitäre Lösung“ zu ermöglichen. K.W.
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