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Radio Bremen soll höheren Turm kriegen

■ Staatsräte votierten gegen Umweltschutz: In den Wümmewiesen soll gebaut werden

Einen kleinen Geburtstagsumtrunk und dann richtig Krach gab es gestern in der Staatsrätekonferenz, die die Sitzung des Senats vorzubereiten pflegt. Thema: Darf Ralf Fücks, der Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung, Radio Bremen sanft dazu drängen, auf den Neubau von Sendetürmen in den Oberneuländer Wümmewiesen zu verzichten und stattdessen ein Angebot der Telekom annehmen, die Programme vom Postturm in Walle aus senden zu lassen?

Er darf, meinte sein Staatsrat Morgenstern. Denn die Sendemasten im Landschaftsschutzgebiet und in unmittelbarer Nähe des Naturschutzgebietes Wümmewiesen wären ein „Eingriff“, der vermeidbar ist. Die Alternative, daß Radio Bremen seine Programme über den Telekom-Turm in Walle sendet, dagegen durchaus zumutbar - zumal die Telekom inzwischen ein finanziell interessantes neues Angebot vorgelegt hat (vgl. taz vom 8.10.).

Erheblich preiswerter wäre das Telekom-Angebot, wenn zum vergleich die gesamten Kosten für den Turm-Bau berechnet würden. Aber Radio Bremen geht davon aus, daß die Millionen für „Ausgleichsmaßnahmen“ für den Eingriff in den Landschaftsschutz vom Staat gezahlt werden und also im Kostenvergleich nicht zählen.

Doch der Streit ist längst auf der juristischen Ebene angelangt. Die „Zumutbarkeitsklausel“ des Naturschutzgesetzes, so Baustaatsrat Lüthge, darf so weit nicht weit ausgelegt werden. Wenn Radio Bremen seinen Turm bauen will, dann dürfe von der Naturschutzbehörde nur geprüft werden, ob ein anderer Standort „zumutbar“ wäre, nicht aber ein ganz anderes technisches Verfahren.

Und ob das Land dem Radio die Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen spendiert, ist rein rechtlich eine andere Frage. Denn das Land hat Interesse an dem schnellen Verschwinden der Sendemasten von ihrem alten Standort an der Uni: hier soll in der Nähe des Technologieparks Gewerbe angesiedelt werden. Bei den Zusagen für die Gewerbeansiedlung in der letzten Zeit war sogar übersehen worden, daß in der Baugenehmigung für die Sendemasten eine „Schutzzone“ von 300 Metern versprochen worden war.

Das Interesse von Radio Bremen, über einen eigenen Turm zu verfügen und den 100 Meter höher zu bauen als der der Telekom ist, steht also juristisch auf festem Boden. Der Faden zwischen Radio Bremen und der Telekom ist so weit abgerissen, daß die Telekom ihr Angebot nicht einmal per Durchschlag an den Sender adressierte. Dies war für die Staatsräte ein Grund mehr, das Telekom-Angebot als unseriös zu ignorieren.

Und da auch der Finanzsenator als Verwaltungsratsmitglied von Radio Bremen eher auf der Seite des Senders steht, war selbst das Finanzargument in der Staatsräterunde keines mehr: Einhellig waren die SPD- und FDP-Mitglieder der Landesregierung dafür, daß Radio Bremen seinen Turm bauen kann und der Umweltsenator die Bauvoranfrage entsprechend beantworten soll.

Der Senat wird dies heute dennoch wohl nicht beschließen: Die Fraktion der Grünen erklärte das Thema gestern Nachmittag zur „wichtigen Frage“, über die erst im Koalitionsausschuß beraten werden müsse. K.W.

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